[Ohne Titel]
Am 5.7.2024 haben mehrere Gesetze abschließend den Bundesrat passiert. Darin sind auch Änderungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) enthalten.
I. Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz
Zum einen ist das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz verabschiedet worden, das zur Änderung des § 10 RVG geführt hat.
1. Der neue Gesetzestext
§ 10 Abs. 1 S. 1 RVG wurde wie folgt neu gefasst:
Zitat
"Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm oder auf seine Veranlassung dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung fordern; die Berechnung bedarf der Textform."
2. Die Begründung des Entwurfs
In der Einleitung des Gesetzesentwurfs heißt es:
Zitat
"Nach § 10 Absatz 1 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) kann der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Seitens der Anwalt- und auch der Mandantschaft besteht ein Bedürfnis nach einer möglichst einfachen und barrierefreien elektronischen Übermittlung der Berechnung. Vor diesem Hintergrund soll für die Vergütungsberechnung künftig die Textform genügen, ohne dass damit jedoch Abstriche bei der Verantwortung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für die Rechnung verbunden sind."
Zur Begründung führt der Entwurf weiter aus:
Zitat
“Der Regelungsvorschlag trägt dem Wunsch der anwaltlichen Praxis Rechnung, die elektronische Übermittlung von Vergütungsberechnungen zu erleichtern. Derzeit erfordert dies den Einsatz einer qualifizierten elektronischen Signatur, was vielfach als nicht praxistauglich angesehen wird. Daher soll für die Berechnung künftig die Textform genügen.
Die zivil-, straf- und standesrechtliche Verantwortung von Rechtsanwälten für die Richtigkeit der Vergütungsberechnung bleibt von der vorgeschlagenen Änderung unberührt. Dies kommt in der Formulierung zum Ausdruck, dass (nur) der Rechtsanwalt die Vergütung fordern kann und er die Mitteilung der Berechnung an den Auftraggeber veranlassen muss, sofern er sie nicht selbst vornimmt. Einer eigenhändigen Unterschrift des Rechtsanwalts unter die Berechnung soll es jedoch zur Dokumentation der Verantwortungsübernahme nicht mehr bedürfen.
Im Übrigen soll § 10 Absatz 1 Satz 1 RVG sprachlich dahin gehend modernisiert werden, dass das Wort "einfordern" durch das Wort "fordern" ersetzt wird. Eine Änderung der Rechtslage soll damit nicht verbunden sein.“
3. Die Auswirkungen der Neufassung
Die Neuregelung war überfällig. Bis jetzt musste der Anwalt dem Mandanten nach § 10 Abs. 1 RVG noch eine eigenhändig unterschriebene Rechnung zukommen lassen, also in der Form des § 126 BGB. Alternativ war die Übersendung per qualifizierter elektronischer Signatur möglich (§ 126a Abs. 1 BGB), wovon in der Praxis allerdings kaum Gebrauch gemacht wurde. In Zeiten der Digitalisierung – und vor allem Zeiten von beA – ist die bis jetzt geltende gesetzliche Regelung nicht mehr zeitgemäß gewesen. So ist es z.B. nicht möglich gewesen, im gerichtlichen Verfahren eine ordnungsgemäße Kostenrechnung nachzureichen. Während dies zu "Papier-Zeiten" möglich war, indem eine eigenhändig unterschriebene Rechnung der für den Beklagten bestimmten Schriftsatzausfertigung beigefügt und diese dann dem Beklagten zugestellt werden konnte, ist dies seit der Einführung des beA nicht mehr möglich, da das Gericht dem Beklagten jetzt nur noch eine einfache Kopie per beA zustellt.
4. Die Verantwortung des Rechtsanwalts
Lange diskutiert wurde, wie bei der Übermittlung per Textform sichergestellt werden könne, dass der Anwalt die Verantwortung für die Rechnung trägt. Insoweit ist die anfängliche Fassung, wonach der Rechtsanwalt "die Vergütung nur aufgrund einer dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung" sollte fordern können, dahingehend ergänzt worden, dass der Rechtsanwalt die Rechnung selbst verschickt oder deren Versand veranlasst haben muss. Damit bleibt es dabei, dass der Anwalt auch bei Übersendung in Textform die berufs- und strafrechtliche Verantwortung für den Inhalt seiner Rechnung übernimmt und hierfür zur Verantwortung gezogen werden kann.
5. Fordern
Die Neuregelung "fordern" statt einfordern dient nur der sprachlichen Kosmetik. Inhaltlich sind damit keine Änderungen verbunden. Die Vergütung kann ohne Mitteilung einer ordnungsgemäßen Rechnung nicht eingeklagt werden Der Mandant braucht trotz Aufforderung die Vergütung nicht zu bezahlen und kann nicht in Zahlungsverzug geraten; eine Verzinsung kann nicht eintreten. Nach Auffassung des LAG Hamm ist eine Vergütungsforderung auch nicht abtretbar, solange keine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Eine Aufrechnung ist ebenfalls nicht möglich, solange keine Kostennote mitgeteilt worden ist. Auch die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts an den Handakten vor Erteilung einer ordnungsgemäßen Kostenberechnung ist nicht zulässig.