Leitsatz
Ist bei einer beabsichtigten Rechtsverfolgung mit einem Gesamtstreitwert oberhalb der Rechtsmittelgrenze Prozess-/Verfahrenskostenhilfe nur für einen Anspruchsteil, der als solcher unterhalb der Rechtsmittelgrenze liegt, mangels Erfolgsaussicht versagt worden, so ist die sofortige Beschwerde zulässig.
OLG Hamm, Beschl. v. 3.3.2015 – II-14 WF 34/15
1 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Ihrer Zulässigkeit steht insbesondere nicht die Vorschrift des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO entgegen, wonach die sofortige Beschwerde bei Verneinung von Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht stattfindet, wenn der Streitwert in der Hauptsache die Rechtsmittelgrenze nicht erreicht.
Zwar beläuft sich der Betrag, hinsichtlich dessen das AG die Erfolgsaussicht verneint hat, auf weniger als 600,00 EUR. Wäre die entsprechende Forderungsposition in der Hauptsache aberkannt worden, wäre dagegen deshalb kein Rechtsmittel gegeben gewesen. Zweck des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO ist es, den Rechtsmittelzug im VKH-Verfahren nicht weiter gehen zu lassen, als er in der Hauptsache gegeben wäre (vgl. u.a. Senat, Beschl. v. 19.12.2014 – 14 WF 224/14).
Nach dem Wortlaut des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO ist aber nicht auf die durch die VKH-Ablehnung bedingte Beschwer, sondern eben auf den Streitwert der Hauptsache abzustellen. Wie der vorliegende Fall zeigt, können diese beiden Werte voneinander abweichen, wenn nämlich die Verfahrenskostenhilfe nur für einen Teil des geltend zu machenden Anspruchs verneint wird. Der Gesamtstreitwert der Hauptsache liegt hier mit 651,05 EUR oberhalb der Rechtsmittelgrenze.
Dieser eindeutige Wortlaut ist auch zu beachten (vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 11. Aufl. 2014, Rn 19 zu § 127). Denn er steht bei näherer Betrachtung nicht im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass der Rechtszug im VKH-Verfahren nicht weiter gehen soll als in der Hauptsache. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch der Anspruchsteil, bezüglich dessen das AG Verfahrenskostenhilfe versagt hat, in der Hauptsache in die Rechtsmittelinstanz gelangen kann. Würde nämlich die Antragstellerin diesen Anspruchsteil trotz Versagung von VKH auf eigene Kosten weiterverfolgen, und würde das AG dann in seiner Hauptsacheentscheidung die Antragsforderung in voller Höhe abweisen – was ja trotz teilweise bejahter Erfolgsaussicht ohne Weiteres möglich ist –, so würde die Beschwer dieses Beschlusses dann die Rechtsmittelgrenze überschreiten.
II. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. … (wird ausgeführt) …
AGS, S. 410