Leitsatz
Die Bemessung der Gebühren des Wahlverteidigers nach § 14 RVG im Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Für die Bemessung der Terminsgebühr nach Nr. 5110 VV ist regelmäßig die Dauer des Termins heranzuziehen. Die Dauer des Termins von (nahezu) einer Stunde rechtfertigt regelmäßig nicht die Einstufung als unterdurchschnittlich.
LG Kaiserslautern, Beschl. v. 4.2.2015 – 5 Qs 9/15
1 Sachverhalt
Durch Urteil des AG wurde der ehemalige Betroffene und nunmehrige Beschwerdeführer rechtskräftig vom Vorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt. Das im Bußgeldverfahren festgesetzte Bußgeld betrug 40,00 EUR. Die Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister war angekündigt. Die beim AG durchgeführte Hauptverhandlung dauerte insgesamt 53 Minuten an. Es wurden zwei Zeugen vernommen.
Mit Kostenfestsetzungsantrag seiner Verteidigerin hat der ehemalige Betroffene und nunmehrige Beschwerdeführer die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren inklusive Mehrwertsteuer i.H.v. insgesamt 905,35 EUR wie folgt beantragt:
Nr. 5100 VV, Grundgebühr |
100,00 EUR |
Nr. 5103 VV, Verfahrensgebühr |
160,00 EUR |
Nr. 5109 VV, Verfahrensgebühr |
160,00 EUR |
Nr. 5110 VV, Terminsgebühr |
255,00 EUR |
Nr. 7002 VV, Post- u. Telekommunikationsdienstleistungen |
20,00 EUR |
Nr. 7003 VV, Fahrtkosten zum Termin |
28,80 EUR |
Nr. 7005 VV, Abwesenheitspauschale |
25,00 EUR |
Verwaltungsgebühr für Akteneinsicht |
12,00 EUR |
Zwischensumme |
760,80 EUR |
Nr. 7008 VV, Mehrwertsteuer 19 % |
144,55 EUR |
Summe |
905,35 EUR |
Der Beschwerdeführer trägt vor, der Ansatz der beantragten Gebühren in Höhe der Mittelgebühr sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es habe mehrere Besprechungstermine zwischen Betroffenem und Verteidigerin gegeben, und in der Hauptverhandlung seien zwei Zeugen vernommen worden.
Mit angefochtenem Kostenfestsetzungsbeschluss wurden nach Anhörung der Bezirksrevisorin beim LG die Wahlverteidigergebühren auf 503,73 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, die Kriterien des § 14 RVG seien in allen Kriterien nur unterdurchschnittlich ausgeprägt. Dabei hat das AG bei der Bemessung dieser Wahlverteidigergebühren jeweils einen Abschlag von 50 % auf die Mittelgebühr vorgenommen wie folgt:
Nr. 5100 VV, Grundgebühr |
50,00 EUR |
Nr. 5103 VV, Verfahrensgebühr |
180,00 EUR |
Nr. 5109 VV, Verfahrensgebühr |
80,00 EUR |
Nr. 5110 VV, Terminsgebühr |
127,50 EUR |
Nr. 7002 VV, Post- u. Telekommunikationsdienstleistungen |
20,00 EUR |
Nr. 7003 VV, Fahrtkosten zum Termin |
28,80 EUR |
Nr. 7005 VV, Abwesenheitspauschale |
25,00 EUR |
Verwaltungsgebühr für Akteneinsicht |
12,00 EUR |
Zwischensumme |
423,30 EUR |
Nr. 7008 VV, Mehrwertsteuer 19 % |
80,43 EUR |
Summe |
503,73 EUR |
Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene "Erinnerung" eingelegt, der der Urkundsbeamte nicht abgeholfen hat.
2 Aus den Gründen
Die als sofortige Beschwerde auszulegende "Erinnerung" ist zulässig, in der Sache jedoch nur hinsichtlich der Terminsgebühr begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das AG die sonstigen Gebühren wie geschehen festgesetzt.
In der Sache ist die Beschwerde nur teilweise, betreffend die Terminsgebühr, begründet. Zu Recht hat das AG die im Übrigen von der Verteidigerin geltend gemachten Gebühren als unbillig angesehen. Diese unterliegen in dem vom AG vorgenommenen Umfang der Korrektur.
a) Nach § 14 RVG ist bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall innerhalb des dafür vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Bedeutung der Angelegenheit zu bestimmen. Die Bestimmung nimmt der jeweilige Rechtsanwalt gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG vor. Ist wie im vorliegenden Fall aufgrund des Freispruchs die Gebühr von einem Dritten, hier der Staatskasse, zu erstatten, ist gem. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebührenhöhe nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. In der Regel werden Abweichungen von 20 % von der angemessenen Gebühr nicht als unbillig angesehen (OLG Hamm, Beschl. v. 3.12.2009 – 2 Ws 270/09, BeckRS 2010, 02547 m.w.N.).
b) Diese Unbilligkeit liegt hier bezüglich der Grund- und Verfahrensgebühren vor. Innerhalb des in den Nrn. 5100 ff. VV normierten Gebührenrahmens ist nach der Art der Gewichtigkeit des jeweiligen Bußgeldverfahrens abzuschichten. Nach Auffassung der Kammer wäre es einerseits systemwidrig, bei der Mittelgebühr von einer "versteckten Festgebühr" auszugehen (vgl. hierzu und zum Streitstand jedoch Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Nrn. 5100-5200 VV Rn 16 m.w.N.). Gleiches gilt andererseits für eine generelle Einstufung von Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten als unterdurchschnittlich, so dass nur unter den Rahmenmittelsätzen liegende Verteidigergebühren angemessen wären (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., Nrn. 5100-5200 VV Rn 16).
Unter Beachtung des anzulegenden Maßstabs anhand der Umstände des konkreten Fal...