Die Beschwerde, über die gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 S. 1 RVG der Einzelrichter entscheidet, bleibt ohne Erfolg. Dabei kann offenbleiben, ob die Beschwerde aufgrund der Regelung des § 80 AsylG unzulässig ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.2.2019 – 13 E 939/18.A; VGH Baden Württemberg, Beschl. v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 [= AGS 2017, 346]) oder aber der Sonderregelung des § 1 Abs. 3 RVG unterfällt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26.7.2016 – OVG 3 K 40.16 [= AGS 2016, 534]). Sie ist jedenfalls unbegründet.

Grundlage des Anspruchs des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf die begehrte Terminsgebühr ist Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV).

Nach Abs. 3 der Vorbem. 3 VV entsteht die Terminsgebühr sowohl für die Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen als auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen. Darüber hinaus regelt das Vergütungsverzeichnis Ausnahmetatbestände, in denen eine – fiktive – Terminsgebühr auch ohne die Wahrnehmung eines Termins gezahlt wird. Die Reichweite dieser Ausnahmetatbestände ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei kommt neben dem Wortlaut dem Sinn und Zweck der Ausnahme eine besondere Bedeutung zu.

Zu diesen Ausnahmetatbeständen gehört Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV. Danach entsteht die Terminsgebühr auch dann, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Das ist hier der Fall. Soweit der die Beschwerde führende C. darüber hinaus verlangt, dass der Prozessbevollmächtigte gerade nach der Bewilligung von PKH eine aktiv verfahrensfördernde Tätigkeit entfaltet haben müsse, ist dieser Überlegung nicht zu folgen. Weder enthält der Wortlaut einen dahingehenden Anhaltspunkt, noch erfordert der Sinn und Zweck der Vorschrift eine derartige einschränkende Auslegung.

Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV soll ebenso wie die übrigen Nummern des Absatzes verhindern, dass für den Anwalt ein gebührenrechtlicher Anreiz entsteht, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu bestehen. Vielmehr soll der Rechtsanwalt die Entscheidung, ob auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann, ohne Rücksicht auf finanzielle Erwägungen allein nach verfahrensbezogenen Gesichtspunkten treffen. Dies soll der Verfahrensbeschleunigung und zugleich der Entlastung der Gerichte dienen. Die Vorschrift honoriert daher – anders als die Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr in ihrer Grundform – nicht eine konkrete verfahrensfördernde Handlung, sondern fingiert das Entstehen der Gebühr für die Wahrnehmung eines Termins auch in Fällen, in denen die maßgebliche Verfahrenshandlung – die Wahrnehmung eines Termins – aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten unterbleibt. Anders als der C. meint, dient die Vorschrift daher insbesondere nicht dazu, eine besonders gute Verfahrensvorbereitung, die den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ermöglicht, finanziell zu belohnen (vgl. Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, RVG [VV 3104] Rn 4). Derartige Überlegungen zu einer "qualitätsbezogenen Verfahrensgebühr" sind Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV fremd.

Das zeigt, dass es allein darauf ankommt, ob das Gericht aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Das war hier der Fall. Das Einverständnis war erklärt und wirkte auch nach der Bewilligung von PKH fort. Das reicht für den Anspruch auf die Terminsgebühr aus. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass ein Prozessbevollmächtigter allein aus gebührenrechtlichen Gründen genötigt wäre, seinen Verzicht auf mündliche Verhandlung zu wiederholen oder andere verfahrensrechtlich nicht unbedingt erforderliche Erklärungen abzugeben. Das ist mit dem Sinn und Zweck der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV unvereinbar.

Eine Kontrollüberlegung bestätigt diese Feststellung: Hätte das VG mündlich verhandelt, hätte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Terminsgebühr unstreitig erhalten, ohne dass weitere Erklärungen schriftsätzlicher Art erforderlich gewesen wären. Soll mithin eine Gleichstellung erfolgen, sind derartige weitere Erklärungen ebenfalls nicht zu verlangen.

Ob darüber hinaus für das Entstehen einer Terminsgebühr generell zu fordern ist, dass der Prozessbevollmächtigte in dem Verfahren irgendeine verfahrensfördernde Tätigkeit entfaltet hat (vgl. etwa Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., 2017, Nr. 3104 Rn 54; Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, RVG [VV 3104] Rn 5 a.A. Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., 2018, RVG Nr. 3104 VV Rn 20), bedarf hier keiner Entscheidung. Eine solche verfahrensfördernde Tätigkeit ist mit der Erhebung der Klage zweifelsfrei gegeben; diese Tätigkeit wirkte auch nach der Bewilligung von PKH fort.

AGS, S. 397 - 399

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