Die Entscheidung betrifft den in der Praxis häufig vorkommenden Fall, dass im Teilungsversteigerungsverfahren durch einen bzw. mehrere Miteigentümer folgende Einstellungsanträge gem. § 180 Abs. 2 bzw. § 180 Abs. 3 ZVG gestellt werden. Sie ist ebenfalls im Forderungsversteigerungsverfahren anzuwenden, wenn der Schuldner dort Schutzanträge nach § 30a ZVG, §§ 765a, 775 ZPO stellt.

In der Praxis war bislang streitig, ob solche Anträge eine Kostenentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO auslösen und infolge dessen eine Kostenfestsetzung gem. § 103 Abs. 1 ZPO gegen den Unterlegenen erfolgen kann. Dies hat der V. Senat nunmehr verneint.

Die Entscheidung zieht folgende Schlussfolgerungen nach sich:

1.

Positiv für Rechtsanwälte ist die Aussage des BGH, dass künftig für jedes Verfahren nach den §§ 180 Abs. 2 und 3, 30a ZVG, §§ 765a, 775 ZPO eine gesonderte 0,4-Verfahrensgebühr Nr. 3311 Nr. 6 VV entsteht.[1] Dabei ergeben sich folgende mögliche praktische Konstellationen:

a)

 

Beispiel 1: Forderungszwangsversteigerung

Der Rechtsanwalt des Gläubigers beantragt die Zwangsversteigerung in das Grundstück des Schuldners. Nachdem das Gericht diese anordnet, beantragt der Schuldner die einstweilige Einstellung des Verfahrens gem. § 30a ZVG für sechs Monate.

Für den Rechtsanwalt entsteht eine 0,4-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3311 Nr. 6 VV.

 

Beispiel 2: Teilungsversteigerung

Die Beteiligten M und F sind geschiedene Eheleute und Miteigentümer eines Grundstücks. Auf Antrag des M, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, ordnet das AG die Zwangsversteigerung des Grundstücks zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an. Die anwaltlich vertretene F beantragt, das Verfahren nach § 180 Abs. 2 und 3 ZVG einzustellen.

Für den Rechtsanwalt entsteht sowohl eine 0,4-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3311 Nr. 6 VV für das Verfahren nach § 180 Abs. 2 ZVG als auch eine 0,4-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3311 Nr. 6 VV für das Verfahren nach § 180 Abs. 3 ZVG.

b)

 

Beispiel 3: Forderungszwangsversteigerung

Der Rechtsanwalt des Gläubigers beantragt die Zwangsversteigerung in das Grundstück des Schuldners. Nachdem das Gericht diese anordnet, beantragt der Schuldner die einstweilige Einstellung des Verfahrens gem. § 775 Nr. ZPO, weil er einen Überweisungsnachweis der Bank vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass der zur Befriedigung des Gläubigers erforderliche Betrag überwiesen worden ist.

Für den Rechtsanwalt entsteht eine 0,4-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3311 Nr. 6 VV.

c)

 

Beispiel 4: Forderungszwangsversteigerung

Der Rechtsanwalt beantragt für den Mandanten als Antragsteller/Gläubiger die (Teilungs-)Zwangsversteigerung des Grundstücks. Nachdem das Gericht diese anordnet, bewilligt der Antragsteller/Gläubiger die einstweilige Einstellung gem. §§ 30, 180 ZVG, da sich die Parteien in Vergleichsverhandlungen befinden.

Für den Rechtsanwalt entsteht eine 0,4-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3311 Nr. 6 VV.

d)

 

Beispiel 5: Forderungszwangsversteigerung/Teilungsversteigerung

Kurz vor dem Versteigerungstermin beantragt der Schuldner/Antragsgegner, vertreten durch seinen Anwalt, wegen gesundheitlicher Probleme die einstweilige Einstellung des Verfahrens und beruft sich dabei auf Sittenwidrigkeit und Unzumutbarkeit.

Für den Rechtsanwalt entsteht eine 0,4-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3311 Nr. 6 VV, nicht nach Nr. 3309 VV i.H.v. 0,3.

Zu beachten ist, dass Anträge nach § 765a ZPO auf Vollstreckungsschutz im Versteigerungsverfahren in jeder Verfahrenssituation mehrfach möglich sind, so z.B. gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung, gegen die Verkehrswertfestsetzung, gegen die Erteilung des Zuschlags, sowie (theoretisch) gegen die Erlösverteilung. In allen Fällen entsteht dann jeweils gesondert eine 0,4-Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 VV.

2.

Unabhängig vom Entstehen der Gebühren, hat das Gericht aber keine Kostenentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO zu treffen. Daher scheidet eine Erstattung der Kosten gegen den Unterlegegen aus. Dies hat zur Folge, dass der Rechtsanwalt die entstandene Vergütung vom eigenen Mandanten, notfalls gem. § 11 RVG, einfordern muss. Hierauf sollte der Anwalt künftig achten und den Mandanten zuvor darüber belehren.

3.

Gleichgültig ist, ob Vollstreckungs- oder Teilungsversteigerung erfolgt, dennoch ist ausnahmsweise eine Kostenerstattung nach §§ 91 ff. ZPO erforderlich, wenn es sich um Kosten sog. besonderer Rechtsbehelfe innerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens handelt. Hier verfolgen die Beteiligten nämlich regelmäßig widerstreitende Interessen, da sie in einem kontradiktorischen Verhältnis zu einander stehen. Zu solchen besonderen Rechtsbehelfen zählen:

  das Erinnerungsverfahren nach §§ 766 ZPO, 11 RpflG,
  das Verfahren der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO,
  das Verfahren der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO).
 

Beispiel 6: Forderungsversteigerung – Erinnerung

Nach angeordneter Zwangsversteigerung legt der anwaltlich vertretene Schuldner gem. § 766 ZPO Erinnerung ein. Zur Begründung trägt er vor, dass die im Urteil angeordnete Sicherheitsleistung nicht ordnungsgemäß erbracht wurde. Das Gericht hilft der Er...

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