RVG VV Nrn. 2300, 2300, 1000, 7003 ff.
Leitsatz
- Im Nachprüfungsverfahren ist wie im Widerspruchsverfahren (verwaltungsrechtlichen Vorverfahren) vor Zuerkennung des Gebührentatbestands Nr. 2300 VV stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung von Nr. 2301 VV vorliegen. Die Gebühr nach Nr. 2301 VV ist dann einschlägig, wenn die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten diese bereits im Vergabeverfahren vertreten haben.
- Der Umstand, dass es sich bei einem Beteiligten um eine aus zwei Unternehmen bestehende Bietergemeinschaft handelt, kann nicht das Inansatzbringen einer Erhöhungsgebühr begründen. Auch im Nachprüfungsverfahren werden Bietergemeinschaften als ein einheitliches beteiligungsfähiges Unternehmen nach den §§ 107, Abs. 2 S. 1, 109 Abs. 1 GWB behandelt.
- Der Festsetzung einer (zusätzlichen) Einigungsgebühr auf der Grundlage von Nr. 1000 VV für die Mitwirkung an einem im Vergabenachprüfungsverfahren geschlossenen Vergleich kann aus grundsätzlichen Erwägungen nicht entsprochen werden. Die anwaltliche Vertretung im Verfahren vor der Vergabekammer gehört zu den außergerichtlichen Tätigkeiten einschließlich der Vertretung in Verwaltungsverfahren, deren Vergütung bereits im Teil 2 VV abschließend geregelt ist.
- Erstattungsfähig sind nur die Reisekosten, die im Rahmen einer fiktiven Betrachtung eines am Standort des Beteiligten ansässigen Rechtsanwaltes zu seinem Mandanten entstanden wären. Die Wegstrecke vom Standort eines am Verfahren Beteiligten zum Sitz der erkennenden Vergabekammer ist generell als eine Entfernung zu bewerten, die einem Antrag auf Reisekostenerstattung berechtigterweise zugrunde gelegt werden kann. Den Beteiligten bleibt es selbstverständlich unbenommen, ihren Rechtsbeistand frei zu wählen. Sie haben jedoch die zusätzliche Kostenfolge ihrer Entscheidung selbst zu tragen. Ein Abwälzen dieser Verpflichtung auf den Gegner erscheint unbillig.
Vergabekammer d. Saarlandes, Beschl. v. 27.1.2009–2 VK 01/2008
1 Sachverhalt
Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin hatten einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gestellt. In der mündlichen Verhandlung wurde ein inzwischen bestandskräftiger Vergleich zwischen den Parteien geschlossen, der die Antragsgegnerin u.a. dazu verpflichtet, die der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten zu übernehmen.
Die Bevollmächtigten der Antragstellerin haben daraufhin beantragt, die Kosten festzusetzen. Im Einzelnen werden beantragt:
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eine 2,0-fache Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV unter Erhöhung um eine weitere 0,3-fache Gebühr, da es sich bei der Antragstellerin um eine Bietergemeinschaft aus zwei unterschiedlichen Unternehmen handelt, |
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eine 1,5-fache Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV, |
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eine Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV, |
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Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV für mehr als 8 Stunden, |
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tatsächliche nachgewiesene Kosten für Flug, Mietwagen, Hotel und Parken anlässlich der mündlichen Verhandlung gem. Nr. 7006 VV sowie |
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Fahrtkosten und Verdienstausfall der Vertreter der Antragstellerin anlässlich der mündlichen Verhandlung. |
Der Kostenfestsetzungsantrag wurde den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin zur Stellungnahme übersandt. Diese äußerten sich dazu wie folgt:
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Die Geschäftsgebühr sei allenfalls auf 2,0 festzusetzen ohne Erhöhung um 0,3; es liege eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, die nach der BGH-Rspr. als eine juristische Person gelte, so dass gebührenrechtlich keine Erhöhungsgebühr anfalle. |
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Hinsichtlich Abwesenheitsgeld, Flugkosten, Mietwagenkosten und Hotelkosten sowie Parkkosten wird einer Festsetzung widersprochen, da es der Antragstellerin freigestanden hätte, einen vor Ort ansässigen Anwalt zu beauftragen. |
2 Aus den Gründen
Der Antrag ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
Die Geschäftsgebühr ist nicht, wie beantragt, gem. Nr. 2300 VV, sondern gem. Nr. 2301 VV in Ansatz zu bringen. Die Gebührentatbestände Nr. 2300 und Nr. 2301 VV sind im Nachprüfungsverfahren genauso anzuwenden, wie sie im verwaltungsrechtlichen Vorverfahren anzuwenden wären. Für die Erstattung der dem obsiegenden Bieter im Nachprüfungsverfahren entstandenen Kosten gelten nämlich § 80 VwVfG und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder entsprechend (§ 128 Abs. 4 S. 3 GWB). Das schließt die entsprechende Anwendung der für das Widerspruchsverfahren geltenden Gebührentatbestände ein (BGH, Beschl. v. 23.9.2008 – X ZB 19/07). Die in § 128 Abs. 4 S. 3 GWB zum Ausdruck kommende Gleichsetzung des erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahrens mit dem Widerspruchsverfahren erstreckt sich für die Anwendung der Kosten- und Gebührenregelungen auf das vor dem Nachprüfungsverfahren durchgeführte Vergabeverfahren. Es wäre sinnwidrig, die analoge Anwendung der Gebührentatbestände auf das Nachprüfungsverfahren zu beschränken, ohne das Ausgangsverfahren einzubeziehen, wenn das Gesetz die Vergütung für das Widerspruchsverfahren ebenfalls nicht losgelöst von dem ihm vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelt. Deshalb ist im Nachprüfu...