Zwar hat der unzuständige Einzelrichter über die Erinnerung der Klägerin entschieden. Aber in der Sache hätte zu Verfahrensgebühren nach Nr. 3100 VV keine andere Entscheidung getroffen werden können, weil die von der Klägerin eingeleiteten 178 Verfahren, die der mündlichen Verhandlung vor dem VG zugrunde lagen, dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG darstellen, für die der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern kann.
Das hat zur Folge, dass die Werte der einzelnen Gegenstände (d.h. die den einzelnen Bescheiden zugrunde gelegten Streitwerte) zusammenzurechnen und daraus die Gebühren der Bevollmächtigten der Beteiligten zu bemessen sind. Gegenstand der Angelegenheit ist das Recht oder Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwaltes aufgrund des Auftrages bezieht (BVerwG, v. 9.5.2000, NJW 2000, 2289; BayVGH, v. 5.11.2007–23 ZB 07.2340). Eine Angelegenheit i.S.d. RVG kann auch mehrere Gegenstände umfassen. Ob mehrere Gegenstände dieselbe oder mehrere Angelegenheiten darstellen, hängt davon ab, ob sie von einem einheitlichen Auftrag umfasst werden, zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und der Rechtsanwalt einen einheitlichen Tätigkeitsrahmen wahrt (vgl. BVerwG, v. 9.5.2000 und BayVGH v. 5.11.2007 jeweils a.a.O. zu § 7 Abs. 2 BRAGO; Hartmann, KostG, 39. Aufl., § 15 RVG Rn 9 bis 12, 20 und 28; Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl., § 15 Rn 6 ff., Rn 16 ff.).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin in einer Sammelklage Abholungs- und Bereitstellungsanordnungen der Beklagten nach dem ElektroG als rechtswidrig feststellen lassen wollen, mit der am 6.6.2007 eingegangenen Klage acht Bescheide und mit den am 25.6.(16), 19.7.(10), 25.7.(4), 17.8.(6), 22.8.(8), 7.9.(12), 11.10.(12), 23.10.(44) und 15.11.2007 (58) beim VG eingereichten insgesamt neun Klageerweiterungen weitere 170 Bescheide. Die Klägerin hat ihre Bevollmächtigten zu einem gleichartigen Vorgehen beauftragt, nämlich gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Abhol- und Bereitstellungsanordnungen unter Androhungen von Ersatzvornahmen wegen Übererfüllung von Abholungen und Bereitstellungen durch die Klägerin rechtswidrig gewesen waren, was mit entsprechender Klageerhebung und entsprechenden neun Klageerweiterungen umgesetzt wurde. Für die Beklagte erwiderten die von ihr bevollmächtigten Rechtsanwälte gegen Klage und Klageerweiterungen jeweils gleichgerichtet, was nur auf einen einheitlichen Auftrag durch die Beklagte schließen lässt und den einheitlichen Tätigkeitsrahmen der anwaltlichen Vertretung aufgrund des inneren Zusammenhangs der einzelnen Gegenstände belegt. Stets einheitlich war die Frage der Rechtmäßigkeit der Abholkoordination nach § 14 Abs. 5 ElektroG Gegenstand der Rechtsverteidigung der Beklagten (Rücknahmepflicht für historische Altgeräte verfassungsmäßig, Abhol- und Bereitstellungsanordnungen aufgrund der Berechnungsweise der Beklagten rechtmäßig, Richtigkeit der aktuellen Berechnungsweise durch Vorlage einer Studie nicht erschüttert), die sämtliche von der Klägerin als rechtswidrig angesehenen Abhol- und Bereitstellungsanordnungen erlassen hatte und die auf dem ElektroG als Rechtsgrundlage beruhten. Stellen aber die Gegenstände der Klage und der Klageerweiterungen und der Klageerwiderungen jeweils ein und dieselbe Angelegenheit dar, kommt es gebührenrechtlich nicht darauf an, ob diese verfahrensmäßig unter verschiedenen Aktenzeichen geführt werden oder nicht. Daher errechnet sich die 1,3-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus dem einheitlich bestandskräftig festgesetzten Streitwert von 142.400,00 EUR (vgl. § 33 Abs. 1 RVG).
Deswegen kann auch die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV nicht 178 Mal, sondern nur einfach in Ansatz gebracht werden. Soweit das Verwaltungsgericht von 10 gebührenrechtlichen verschiedenen Angelegenheiten ausgegangen ist und für diese Pauschale(n) einen Gesamtbetrag von 169,00 EUR veranschlagt hat, ist dieser Ansatz von der Klägerin nicht angefochten worden und unterliegt somit nicht einer Aufhebung (vgl. BayVGH v. 19.1.2007 a.a.O.).