Die Entscheidung des BSG leidet noch unter einem weiteren Fehler. Das BSG übersieht nämlich, dass mehrere Auftraggeber dem Anwalt nicht uneingeschränkt als Gesamtschuldner haften und folglich auch nicht uneingeschränkt Freistellung verlangen können.
Das Haftungsverhältnis gegenüber dem Anwalt ist abweichend von der Gesamtschuld in § 7 Abs. 2 RVG geregelt.
Danach kann ein Anwalt jeden Auftraggeber nur insoweit in Anspruch nehmen, als er von ihm die Vergütung verlangen könnte, wenn dieser den Auftrag alleine erteilt hätte. § 7 Abs. 2 RVG sieht damit ein sog. eigenartiges Gesamtschuldverhältnis vor.
Da ein Auftraggeber grundsätzlich nie für die Erhöhung, die durch einen weiteren Auftraggeber eingetreten ist, haftet, kann er insoweit auch keine Freistellung verlangen.
Hier hätte daher wie folgt gerechnet werden müssen:
Insgesamt stand dem Anwalt nach Auffassung des BSG folgende Vergütung zu.
Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV |
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240,00 EUR |
30 % Erhöhungsgebühr gem. § 7 RVG, Nr. 1008 VV |
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72,00 EUR |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
332,00 EUR |
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16 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV |
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53,12 EUR |
Gesamtsumme |
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385,12 EUR |
Von jedem der Auftraggeber durfte der Anwalt aber gem. § 7 Abs. 2 RVG nur die Vergütung in der Höhe verlangen, in der er die Vergütung schulden würde, wenn er den Auftrag alleine erteilt hätte. Hier hätte also von jedem Auftraggeber nur verlangt werden können:
Geschäftsgebühr, Nr. 2400 VV |
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240,00 EUR |
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
260,00 EUR |
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16 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV |
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41,60 EUR |
Gesamtsumme |
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301,60 EUR |
Folglich konnte jeder der beiden Kläger auch nur Erstattung dieses Betrages verlangen. Mit anderen Worten: Jeder Kläger hatte also (385,00 EUR – 301,60 EUR =) 23,40 EUR zuviel verlangt.
Insgesamt hätte der Anwalt nicht mehr als 385,12 EUR verlangen dürfen. Es liegt hier also teilweise eine Gesamtschuld vor.
Diese berechnet sich wie folgt:
Netto-Anspruch gegen Auftraggeber zu 1) |
260,00 EUR |
Netto-Anspruch gegen Auftraggeber zu 2) |
260,00 EUR |
Gesamtschuld (netto) |
188,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer |
30,08 EUR |
Gesamt |
218,08 EUR |
Die Einzelhaftung eines jeden Auftraggebers berechnet sich demzufolge wie folgt:
Netto-Anspruch gegen den Auftraggeber |
260,00 EUR |
Einzelhaftung (netto) |
72,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer |
11,52 EUR |
Gesamt |
83,52 EUR |
Der Klageantrag hätte also lauten müssen, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 218,08 EUR, an den Kläger zu 1) weitere 83,52 EUR und an den Kläger zu 2) weitere 83,52 EUR zu zahlen.
Soweit die Klageanträge darüber hinaus gingen, hätte die Klage abgewiesen werden müssen.
Norbert Schneider