1. Gesetzliche Grundlagen
Gemäß § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist die Festsetzung der Vergütung abzulehnen, soweit der Antragsgegner – das war hier die Klägerin – Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Das LAG Kiel hat darauf hingewiesen, dass das mit dem Vergütungsfestsetzungsverfahren befasste Gericht nicht zu prüfen hat, ob entsprechende Einwendungen begründet sind. Dies obliege der Entscheidung des Prozessgerichts – etwa in dem von dem Rechtsanwalt eingeleiteten Honorarprozess –, wenn ein solcher Rechtsstreit überhaupt anhängig gemacht werde. Für die Ablehnung der Vergütungsfestsetzung genügt es nach den weiteren Ausführungen des LAG, dass der Antragsgegner gebührenrechtliche (gemeint: nicht gebührenrechtliche) Einwendungen oder Einreden "erhebt", also geltend mache. Hierfür könne weder eine nähere Substantiierung verlangt werden, noch sei eine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen.
Mindestanforderung für die Berücksichtigung außergebührenrechtlicher Einwendungen ist es nach den weiteren Ausführungen des LAG, dass die Einrede oder Einwendung erkennen lässt, dass der Antragsgegner sie aus konkreten, tatsächlichen Umständen herleite, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht hätten. Eine vollkommen unsubstantiierte und damit unbeachtliche Einwendung sei etwa dann gegeben, wenn lediglich allgemein vorgetragen werde, man fühle sich schlecht vertreten, es werde Schlechterfüllung geltend gemacht oder es werde die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen geltend gemacht (s. LAG Köln AGS 2018, 343 = RVGreport 2018, 210 [Hansens]).
2. Die Umstände im Fall des LAG Kiel
In Anwendung dieser Grundsätze hätte der Rechtspfleger des ArbG Lübeck nach Auffassung des LAG Kiel die Festsetzung der Vergütung gem. § 11 Abs. 5 RVG ablehnen müssen. Die von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen seien nämlich hinreichend konkret und ließen das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Rechtsanwalt X jedenfalls als möglich erscheinen.
Das LAG hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin zu den Gründen der Beendigung des Mandatsverhältnisses mit dem Rechtsanwalt X konkrete Tatsachen vorgebracht hat. Ob die in diesem Vortrag liegenden Tatsachen begründet seien, könne im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht geprüft werden. Nach Auffassung des LAG erscheint es jedenfalls möglich, dass die Klägerin zur Beendigung des Mandatsverhältnisses berechtigt gewesen sei.
In diesem Fall stünde der Klägerin auch nach Einschätzung des LAG ein Schadensersatzanspruch i.H.d. an ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt X zu zahlenden Gebühren (und Auslagen) zu.
Demgegenüber könne der Klägerin nicht vorgehalten werden, sie hätte sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht anwaltlich vertreten lassen müssen. Vielmehr sei eine anwaltliche Vertretung angesichts der Bedeutung des vorliegenden Rechtsstreits, in dem es um das über 40 Jahre andauernde Arbeitsverhältnis gegangen sei, geboten gewesen. Gegen die in der Kündigungserklärung vorgebrachten massiven Pflichtverletzungen habe sich die Klägerin nur unter Mithilfe anwaltlicher Beratung sachkundig einlassen können. Abschließend hat das LAG darauf hingewiesen, es sei Aufgabe des Prozessgerichts zu klären, ob die Klägerin durch die Beauftragung eines weiteren Prozessbevollmächtigten gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat.
In den Nebenentscheidungen hat das LAG die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Rechtsanwalt X auferlegt.