1. Gesetzliche Regelung
Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV entsteht, wird diese Gebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Gem. § 15a Abs. 3 RVG kann sich ein Dritter auf diese Anrechnung nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen einer dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden.
Diese Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer teilweisen Anrechnung der vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr auf die für die gerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angefallene Verfahrensgebühr lagen hier nicht vor. Dies scheiterte nach Auffassung des OLG Hamburg schon deshalb, weil im Innenverhältnis eine teilweise Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nicht in Betracht kam.
2. Keine Anrechnung einer vereinbarten Vergütung
Nach Auffassung des OLG Hamburg kommt eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nach Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV nicht in Betracht, wenn im Verhältnis zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV entstanden ist. Ein solcher Fall hatte hier vorgelegen, da die Klägerin mit ihrem Prozessbevollmächtigten für deren vorprozessuale Tätigkeit eine Zeithonorarvereinbarung getroffen hat. Das OLG Hamburg hat darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall die Rechtsgrundlage der Vergütung für die außergerichtliche Vertretung in der Vergütungsvereinbarung liege und nicht in den Vorschriften des VV. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV gehe jedoch davon aus, dass eine Geschäftsgebühr entstanden sei. Das vereinbarte Honorar für die außergerichtliche Tätigkeit stelle jedoch keine Geschäftsgebühr in diesem Sinne dar. Auch die Anrechnung einer fiktiven Geschäftsgebühr scheide aus (BGH AGS 2015, 147 = RVGreport 2015, 72 [Hansens] = zfs 2015, 105 m. Anm. Hansens; BGH AGS 2009, 523 = RVGreport 2009, 433 [Ders.]; OLG Hamburg AGS 2015, 198 = RVGreport 2015, 150 [Ders.] = zfs 2015, 226 m. Anm. Hansens).
Auch der Umstand, dass die Höhe des für die außergerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vereinbarten Zeithonorars zwischen den Parteien streitig war, spielte nach Auffassung des OLG Hamburg für seine Entscheidung keine Rolle. Der Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV stehe nämlich bereits die Vergütungsvereinbarung als Rechtsgrundlage dieser Honorarforderung entgegen, weil folglich keine anrechenbare Geschäftsgebühr angefallen sei.
3. Ausnahmsweise Anrechnung nach Treu und Glauben
Eine Ausnahme von dem vorstehend erörterten Grundsatz, dass eine vereinbarte Vergütung für die vorgerichtliche Tätigkeit nicht der Anrechnungsregelung der Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV unterliegt, lag hier nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamburg nicht vor. Der auch im Kostenfestsetzungsverfahren geltende Grundsatz von Treu und Glauben könne allenfalls dann zu einer Anrechnung eines vereinbarten Honorars führen, wenn der Rechtsstreit durch Vergleich beendet wird und die Parteien ihre einvernehmliche Kostenregelung auf der Grundlage getroffen haben, dass außerprozessual eine anrechenbare Geschäftsgebühr angefallen und keine Honorarvereinbarung getroffen worden sei. Sei dies Grundlage der Kostenregelung im Vergleich, könne sich die erstattungsberechtigte Partei nicht erstmals im Kostenfestsetzungsverfahren darauf berufen, sie habe in Wirklichkeit mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung für die vorprozessuale Tätigkeit getroffen, sodass eine Anrechnung unterbleiben müsse (BGH AGS 2015, 147 = RVGreport 2015, 72 [Hansens] = zfs 2015, 105 m. Anm. Hansens; Hansens, zfs 2015, 238).
In diesem Fall war jedoch nach Auffassung des OLG Hamburg ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin nicht ersichtlich. Aus ihrem vorgerichtlichen Anspruchsschreiben könne sich nämlich nicht entnehmen lassen, dass die Klägerin ausdrücklich oder konkludent eine Honorarvereinbarung verneint und den Anfall einer gesetzlichen Geschäftsgebühr behauptet hätte. Vielmehr habe die Klägerin dort die Frage einer etwaigen Honorarvereinbarung überhaupt nicht thematisiert. Die außergerichtlichen Kosten seien in den Anspruchsschreiben nach Maßgabe der gesetzlichen Gebühren berechnet, aber nicht als Geschäftsgebühr bezeichnet worden.
Die Beklagten hätten auch nicht behauptet, dass die Klägerin bei Vergleichsschluss missbräuchlich eine Honorarvereinbarung verneint oder den Anfall einer anrechenbaren Geschäftsgebühr vorgetäuscht hätte. Vielmehr hätten die Parteien den Vergleichstext und den zu dem Vergleich führenden Geschehensablauf im Einzelnen nicht offengelegt.
Von einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen der Klägerin kann nach den weiteren Ausführungen des OLG Hamburg auch nicht deshalb gesprochen werden, weil die Klägerin ihre Erstattungsansprüche vorgerichtlich und in der Klage...