Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Entwicklungen zur Rechtsanwaltsvergütung, NJW 2024, 1624
In seinem Beitrag gibt der Autor einen aktuellen Überblick über die im Zeitraum von November 2023 bis April 2024 bekannt gewordene Rspr. zum RVG.
Zu Beginn seines Beitrags weist der Autor darauf hin, dass aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung des Vertrags vom 5.4.2022 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die grenzüberschreitende polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit auch Änderungen in den §§ 42, 51 und 59a Abs. 3 S. 1 RVG und in Teil 6 Abschnitt 1 sowie in Vorbem. 6.1.1. VV erfolgt seien. Mit der in § 59a Abs. 3 S. 1 RVG erfolgten Erweiterung werde erreicht, dass für den durch das Bundesamt für Justiz nach § 5 des vorgenannten Gesetzes bestellten Rechtsanwalt die Vorschriften des RVG für den gerichtlich bestellten Rechtsanwalt entsprechend gelten würden.
Im Anschluss hieran weist Mayer auf zwei Gerichtsentscheidungen zur Vergütungsvereinbarung hin. In der ersten Entscheidung habe sich das OLG Düsseldorf (AGS 2024, 107) mit den Gestaltungsvorgaben für eine Vergütungsvereinbarung, insbesondere mit der hervorzuhebenden Bezeichnung als "Vergütungsvereinbarung" und der Verpflichtung des "deutlichen Absetzens" der Vergütungsvereinbarung (§ 3a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 RVG) befasst. Ferner verweist Mayer auf den Beschluss des OLG Hamburg (JurBüro 2024, 187 = AGS 2024, 363 [Hansens], in diesem Heft), wonach ein vereinbartes Honorar keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV darstelle und deshalb eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV ausscheide. Dabei habe das OLG auch auf die – im Streitfall nicht vorliegende – missbräuchliche Umgehung der Anrechnungsbestimmung verwiesen.
Sodann weist der Autor auf die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (AGS 2023, 546 [Hansens]) hin, wonach der Fälligkeitstatbestand des Ruhens des Verfahrens in § 8 Abs. 1 S. 2 RVG bereits dann eingreift, wenn das betreffende gerichtliche Verfahren mehr als drei Monate stillsteht und das Gericht zu erkennen gegeben hat, dass Verfahren von sich aus bis auf Weiteres nicht weiter betreiben zu wollen.
Nach kurzen Hinweisen auf einige Entscheidungen zum Wertfestsetzungsverfahren befasst sich der Autor mit der Entscheidung des OLG Karlsruhe (Rpfleger 2024, 354), nach der der im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG erhobene Einwand der fehlenden Fälligkeit der Anwaltsvergütung die Festsetzung grds. nicht hindere. Ferner habe das OLG Karlsruhe entschieden, dass es sich bei dem Einwand der Verjährung um eine nicht gebührenrechtliche Einwendung handelt, die im Vergütungsfestsetzungsverfahren jedoch dann nicht zu berücksichtigen sei, wenn sie nach Aktenlage offensichtlich unbegründet sei. Ferner kritisiert der Autor die Entscheidung des BGH (AGS 2024, 22 [Schneider] = zfs 2024, 223 m. Anm. Hansens), wonach die Geschäftsgebühr anteilig auch dann auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird, wenn außergerichtlich als Nebenforderung geltend gemachte Ansprüche auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten den alleinigen Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bilden. Eine gebührenrechtliche Selbstverständlichkeit hat der von Mayer erörterte Beschluss des OLG Hamburg (NJW-Spezial 2024, 379) ausgesprochen, nach dem sich die Verfahrensgebühr für die erste Instanz nicht nach Nr. 1008 VV erhöht, wenn der Rechtsanwalt dort nur einen Auftraggeber vertreten hat und eine Erhöhung erst in der nachfolgenden Berufungsinstanz berechnet werden darf, wenn er dort mehrere Auftraggeber vertreten hat. Im Fall des OLG Hamburg hatte der Rechtsanwalt in erster Instanz den Kläger vertreten und in der Berufungsinstanz nach dessen Ableben seine drei Erben.
Weiter verweist Mayer in seinem Beitrag auf eine der seltenen Entscheidungen zur Zusatzgebühr Nr. 1010 VV. Das OLG Hamburg (AGS 2024, 164 [Hansens]) hatte entschieden, dass die Zusatzgebühr nicht anfalle, wenn in weniger als drei gerichtlichen Terminen Sachverständige oder Zeugen vernommen worden seien. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf andere Fälle bei umfangreichen Beweisaufnahmen hat das OLG Hamburg abgelehnt.
In einem weiteren Teil seines Beitrags befasst sich Mayer mit mehreren Entscheidungen zur Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV. So habe das OLG Karlsruhe (JurBüro 2024, 128) den Anfall einer Terminsgebühr in dem Fall abgelehnt, in dem das Gericht in einem einstweiligen sorgerechtlichen Anordnungsverfahren gem. § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. In die gleiche Richtung geht nach den Ausführungen des Autors die Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (NJW-Spezial 2024, 124), nach der bei einer Erledigung der Rechtssache in einem Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO keine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV anfallen kann. Ferner hat nach den weiteren Ausführungen des Autors der BayVGH entschieden, dass die Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch bei vollständigem Obsiegen ...