Der Leitsatz des OLG Köln heißt vereinfacht ausgedrückt: "Das OLG Köln versteht das Gesetz nicht."
Das OLG verkennt die Grundsätze der Streitwertberechnung. Nur die Werte verschiedener Gegenstände können zusammengerechnet werden. Hier lag aber derselbe Gegenstand vor. Daher kam eine Wertaddition nicht in Betracht.
Der Mehraufwand des Anwalts wird bei demselben Gegenstand durch die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV berücksichtigt. Auch bei mehreren Auftraggebern kann der Wert desselben Gegenstandes nicht die Höchstgrenze von 30 Mio. EUR überschreiten. Diesen Fehler hatte bereits das OLG Dresden gemacht. Das OLG Köln zitiert zwar diese Entscheidung und auch die Anmerkung. Gelesen oder verstanden hat es sie aber offenbar nicht.
Bei dem, was das OLG hier anstellt, handelt es sich um eine "Milchmädchenrechnung". Das belegt folgende Kontrollrechnung:
Nach Auffassung des OLG Köln ist aus einem Wert von 30 Mio. + 30 Mio. = 60 Mio. EUR abzurechnen. Bei zwei Auftraggebern ergibt sich insoweit eine 1,6-Verfahrensgebühr (Nrn. 3100, 1008 VV) in Höhe von
290.393,60 EUR.
Auch das OLG Köln kommt aber nicht an § 7 Abs. 2 RVG vorbei. Danach haftet jeder Auftraggeber gegenüber dem Anwalt nur insoweit, wie er haften würde, wenn er den Auftrag alleine erteilt hätte. Jede Partei haftet danach nur auf eine 1,3-Verfahrensgebühr aus 30 Mio. EUR, also auf
118.944,80 EUR.
Zusammen ergibt dies einen Betrag in Höhe von
237.889,60 EUR.
Das ist also der Höchstbetrag, den beide Beteiligte zahlen müssen. Das OLG Köln kommt jedoch zu einem Gesamtanspruch in Höhe von
290.393,60 EUR.
Es fragt sich, wer die fehlende Differenz in Höhe von
52.504,00 EUR
zahlt; das OLG Köln bestimmt nicht.
Wenn die Prozessbevollmächtigten hier tatsächlich einen Betrag in Höhe von 290.393,60 EUR zur Festsetzung anmelden, begehen sie nicht nur eine Gebührenüberhebung, sondern auch einen Betrug, weil sie im Außenverhältnis vorspiegeln, es sei im Innenverhältnis ein entsprechender Vergütungsanspruch entstanden, der – wie zu § 7 Abs. 2 RVG ausgeführt – gar nicht besteht.
Wird dann tatsächlich der Betrag in Höhe von 290.393,60 EUR erstattet, stellt sich die Frage, wem denn dieser Betrag zusteht. Dem Anwalt steht er jedenfalls nicht zu, weil er von jedem seiner Mandanten nur 118.944,80 EUR verlangen kann, insgesamt somit 237.889,60 EUR.
Der Anwalt wird den Mehrbetrag also der Partei auskehren müssen, da er nach § 667 BGB alles aus dem Auftrag Erlangte an die Partei herauszugeben hat.
Die "Anstiftung zum Betrug" durch das OLG Köln ist schon bemerkenswert. In anderen OLG-Bezirken, etwa im OLG-Bezirk München, werden Strafverfahren gegen Anwälte eingeleitet, wenn der Verdacht besteht, dass sie im Außenverhältnis einen höheren Kostenerstattungsanspruch geltend machen, als er im Innenverhältnis besteht. In Köln werden sie dazu gerichtlich angestiftet.
Norbert Schneider