Die zulässige, insbesondere den Wert des § 66 Abs. 2 S. 1 GKG übersteigende Beschwerde ist begründet. Es liegt eine unrichtige Sachbehandlung durch das LG i.S.d. § 21 Abs. 1 GKG vor, die zu vermeidbaren Mehrkosten geführt hat. Diese Mehrkosten sind nicht zu erheben.

Eine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. § 21 Abs. 1 GKG ist nur dann gegeben, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften verstoßen hat und dieser Verstoß offen zu Tage tritt oder wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt, etwa eine eindeutiger Verkennung des materiellen Rechts. Ein leichter Verfahrensverstoß genügt für die Annahme einer unrichtigen Sachbehandlung nicht (Senat OLGR 2008, 242 f.).

Im vorliegenden Verfahren hat das LG gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften verstoßen. Dieser Verstoß tritt offen zu Tage. Zu den Verfahrensgrundsätzen im deutschen Zivilprozess gehört neben dem rechtlichen Gehör auch die Dispositionsmaxime. Diese bedeutet, dass das Verfügungsrecht über den Prozess im Ganzen nur den Parteien zusteht. Sie können durch Antrag den Beginn des Verfahrens, seinen Umfang und seine Beendigung bestimmen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., vor § 128 Rn 9.). Besondere Bedeutung hat der Gesetzgeber dabei der Beendigung des Streitverfahrens durch einen Vergleich beigemessen: Nach § 278 Abs. 1 ZPO soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. Diese Regelung dient dem Ziel, Prozesse in einem möglichst frühen Stadium zu beenden. Dieses Ziel darf nicht allein unter dem Gesichtspunkt einer Entlastung des Gerichts gesehen werden. Gesetzgeberisches Motiv war vielmehr auch die Erkenntnis, dass eine gütliche Streitbeilegung dem Rechtsfrieden nachhaltiger dienen kann als eine streitige Entscheidung (BT-Drucks 14/4722 S. 62).

Haben die Parteien sich außergerichtlich geeinigt und beantragen sie deswegen übereinstimmend eine Aufhebung (oder Verlegung) des Verkündungstermins, verstößt ein Festhalten an dem Verkündungstermin gegen die Dispositionsmaxime der Parteien und gegen die Verpflichtung, auf eine gütliche Streitbeilegung hinzuwirken. Dies gilt auch, wenn der erkennende Richter zum Zeitpunkt des Antrags von dem Inhalt des Vergleichs noch keine Kenntnis hat. Zwar beendet nur ein gerichtlicher Vergleich als Prozesshandlung den Rechtsstreit und dessen Rechtshängigkeit. Im Streitfall haben die Parteien das Gericht jedoch über den weiteren beabsichtigten Verlauf informiert: Der Prozess sollte durch einen Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO, der feststellenden Charakter hat, beendet werden. Bei dieser Sachlage stellt es einen eindeutigen und offen zu Tage tretenden Gesetzesverstoß dar, wenn das Gericht die Parteien um ihr Recht bringt, das gerichtliche Verfahren ohne Urteil durch einen Vergleich zu beenden (vgl. auch: OLG Koblenz MDR 2008, 1306).

Bei sachgerechter Entscheidung wäre nach § 34 GKG i.V.m. Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. nur eine 1,0-Gebühr für das Verfahren erster Instanz angefallen. Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Für das Verfahren erster Instanz ist daher statt der nach Nr. 1210 GKG-KostVerz. in der angegriffenen Entscheidung erhobenen 3,0-Gebühren nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. nur eine 1,0-Gebühr zu erheben.

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