Der Streit über das Entstehen der Einigungsgebühr bei einem Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs darf ein Ende haben. Es kommt auch nicht (mehr) darauf an, ob das bisherige oder das neue materielle Recht maßgeblich ist. Die guten Gedanken hatte das AG. Das OLG hat sie nur bestätigt.
Gegenstand der Entscheidung war eine nach bisherigem materiellem und Verfahrensrecht zu beurteilende Rechtslage, für die jedenfalls streitig gewesen ist, ob der wechselseitige Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs wegen Geringfügigkeit des Ausgleichsbetrages eine Einigung i.S.d. Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV darstelle.
Die Einigungsgebühr entsteht grundsätzlich dann, wenn der Anwalt an dem Abschluss eines Vertrages mitwirkt, durch den Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Nach Anm. Abs. 1 S. 1, 2. Hs. zu Nr. 1000 VV wird die Einigungsgebühr nicht ausgelöst, wenn sich die Vereinbarung ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht bezieht. Die Restriktion im Wortlaut der Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV spiegelt den gesetzgeberischen Willen wider, missbräuchliche Geltendmachung zu verhindern und wahre Streitbeilegung zu privilegieren.
Die Einschränkung offerierte aber auch die Begründung für die bisher überwiegend vertretene, m.E. unzutreffende Auffassung, bei einem Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs wegen nur einer Ausgleichsrichtung das Entstehen der Einigungsgebühr zu versagen.
Im Falle eines wechselseitigen Verzichts bei unbekannten ehezeitlichen Anwartschaften wurde teilweise nur deshalb abweichend entschieden und die Einigungsgebühr zuerkannt, weil ob der Ungewissheit über die Ausgleichsrichtung augenscheinlich jedenfalls beide Eheleute verzichteten. Das neue Recht entzieht der ablehnenden Auffassung den Boden der herangezogenen Begründung:
Denn anstelle des bisherigen Einmalausgleichs wird nunmehr jedes Anrecht innerhalb des jeweiligen Versorgungssystems geteilt. Das sieht folgendermaßen aus:
Beispiel
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Ehefrau |
Ehemann |
Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung: |
600,00 EUR |
0,00 EUR |
Private Altersvorsorge: |
0,00 EUR |
300,00 EUR |
Versorgung eines Bundesbeamten: |
0,00 EUR |
1.000,00 EUR. |
Nach bisherigem Recht wurde insgesamt saldiert und der Wertunterschied hälftig ausgeglichen, mit der sich daraus ergebenden Folge, dass nur einer der Eheleute ausgleichsberechtigt bzw. -verpflichtet sein konnte.
Wird zukünftig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet, dann handelt es sich regelmäßig um wechselseitige Verzichtserklärungen, die eine Einigungsgebühr auslösen. Die Beantwortung der Frage, ob Karl der Große und Barbarossa einen Bart getragen haben, interessiert dann auf jeden Fall nicht mehr: Der Streit dürfte beendet sein.
Geschickt hat das AG schließlich den noch nach bisherigem Recht zu bewertenden "Einmalausgleichsverzicht" in die Auswirkungen des neuen Rechts transferiert und eine Einigungsgebühr zuerkannt, obwohl auf den ersten Blick noch kein wechselseitiger Verzicht der Beteiligten vorgelegen haben kann.
Die Brücke zum neuen Recht hat das AG über § 51 VersAusglG geschlagen. Die Vorschrift regelt die Abänderung von Entscheidungen, die noch nach bisherigem Recht ergangen sind, und ersetzt § 10a VAHRG a.F. Wird eine Abänderung nach § 51 VersAusglG geltend gemacht, so ändert das Gericht die Versorgungsausgleichsentscheidung ab, indem es die Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG und damit auf neuer rechtlicher Grundlage teilt.
Den Verzicht der Beteiligten auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs deutet das AG als einen auch auf die Rechtsfolgen des § 51 VersAusglG gleichsam durchschlagenden Verzicht auf eine noch mögliche "Totalrevision" nach neuem Recht. Deshalb liege letztendlich auch ein die Einigungsgebühr auslösender wechselseitiger Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs vor, selbst wenn noch das bisherige materielle Recht maßgebend ist.
Der Gedanke ist gut. Er hat auch das OLG beeindruckt. Allerdings ist zu beachten, dass grundsätzlich eine Abänderung von Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich über §§ 227 Abs. 2, 225, i.V.m..§ 51 Abs. 5 VersAusglG in Betracht kommt. Aus diesem Grunde dürfte die Argumentation des AG nicht in jeder Hinsicht schlüssig sein. Das Ergebnis aber stimmt!
1. Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert oder geringer Wertdifferenz müssen nicht, können aber ausgeglichen werden (§ 18 VersAusglG). Das Gericht hat von Amts wegen zu ermitteln, ob trotz Geringfügigkeit ein Ausgleich stattzufinden hat. Kraft seines Auftrags sollte deshalb auch der Anwalt prüfen. Denn einem ausgleichsberechtigten Ehegatten kann es gerade auch auf einen geringen Wertzuwachs ankommen, wenn er damit z.B. die Wartezeit für ein Anrecht erst erfüllen kann.
2. Die Beteiligten können zukünftig in größerem Umfang als bisher Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich treffen (§§ 6 bis 8 VersAusglG), und zwar sowohl in Eheverträgen als auch in Scheidungsfolgenvereinbarungen. Von diesen erweiterte...