Die zulässige Erinnerung ist teilweise begründet. Die Erinnerungsführerin hat Anspruch auf weitere Vergütung in Form einer über die Mittelgebühr hinausgehenden Verfahrensgebühr zuzüglich Mehrvertretungszuschlag sowie auf weitere Zinsen.
Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da die Erinnerungsführerin zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren.
Gem. § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt seine gesetzliche Vergütung, die er sonst von seinem Mandanten verlangen könnte, aus der Staatskasse, soweit im 8. Abschnitt des RVG (§§ 44 bis 59) nichts anderes bestimmt ist. Er kann dabei nach § 48 Abs. 1 RVG sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden seiner Beiordnung ergeben. Die von ihm danach aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss darauf wird auf Antrag des Rechtsanwalts grundsätzlich (vgl. aber § 55 Abs. 2 RVG) vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt, § 55 Abs. 1 S. 1 RVG.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (S. 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (S. 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (S. 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des RVG ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich.
1. Hier allein streitig ist die Vergütung der erstinstanzlichen Tätigkeit des Bevollmächtigten der Erinnerungsführerin.
a) Wie bereits im gerichtlichen Hinweis dargelegt, fällt bei Eintritt einer Rechtsnachfolge im Prozess keine zweite Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV an, da es sich insoweit um dieselbe Angelegenheit handelt, wie der BGH (NJW 2007, 769 [770 f.] [= AGS 2006, 583]) ausführlich dargelegt hat (ebenso Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, § 15 Rn 36). Hierauf kann Bezug genommen werden, zumal die Erinnerungsführerin an der gegenteiligen Auffassung zuletzt nicht mehr festgehalten hat.
b) Hinsichtlich der Höhe der damit nur einmal angefallenen Verfahrensgebühr ist der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin allerdings zunächst grundsätzlich an das im Antrag vom 29.1.2008 ausgeübte Ermessen gebunden. Diese Bindung erlischt nur, wenn sich der Rechtsanwalt eine Erhöhung vorbehalten hat, über Bemessungsfaktoren getäuscht worden ist oder einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen hat. Er kann daher irrtümlich nicht geltend gemachte Gebühren und Auslagen grundsätzlich nachfordern (Hessisches LSG, Beschl. v. 28.9.2011 – L 2 SF 185/10 E m.w.Nachw.; BGH NJW 1987, 3203). Dies ist hier zunächst hinsichtlich des neben der nur einfachen Verfahrensgebühr anzusetzenden Mehrvertretungszuschlags gem. Nr. 1008 VV der Fall, denn diesen hat der Bevollmächtigte der Erinnerungsführerin aufgrund seiner ursprünglichen Rechtsansicht (irrtümlich) als nicht angefallen angesehen.
Dies gilt ebenso in Bezug auf die Verfahrensgebühr, weil der Bevollmächtigte irrtümlich davon ausging, die Tätigkeit nach Eintritt der Rechtsnachfolge könne (und müsse) er im Rahmen einer eigenständigen Verfahrensgebühr geltend machen. Daher ist er grundsätzlich nicht mehr an seine Ermessensausübung in der Kostenberechnung vom 29.1.2008 gebunden, sodass er eine Erhöhung der Verfahrensgebühr über die Mittelgebühr hinaus bestimmen konnte, wie er es mit dem Ansatz der Höchstgebühr getan hat. Hierfür ist jedoch folgende Einschränkung zu beachten:
Die Bindung an das ausgeübte Ermessen erlischt nur insoweit, als der bindungslösende Irrtum kausal für die Gebührenbemessung war. Denn selbst bei irrtumsgeleiteter Gebührenbestimmung ist etwa dann eine Bindung an die Ermessensausübung gerechtfertigt, wenn die richtigerweise geltend gemachte (Verfahrens-) Gebühr auf eine fehlerhafte Gebührennummer gestützt wird (Hessisches LSG, Beschl. v. 28.9.2011 – L 2 SF 185/10 E). Entsprechendes muss auch dann gelten, wenn und soweit die Kriterien des § 14 RVG auf einzelne Verfahrensabschnitte angewandt werden, deren gebührenrechtliche Bewertung als solche nicht durch einen Irrtum des Rechtsanwalts beeinflusst si...