1. M.E. ist die Entscheidung (weitgehend, s. dazu 4) zutreffend. Dabei wird der Sachverhalt zugrunde gelegt, der im Beschluss des AG vom 25.3.2020 mitgeteilt worden ist. Der Beschl. v. 4.3.2021 enthält keinen Sachverhalt mehr.
2. Das (eigentliche) Strafverfahren und das selbstständige Einziehungsverfahren sind, wovon das AG zutreffend ausgeht, unterschiedliche Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG. Das folgt schon aus der Wortwahl des Gesetzes, dass das Verfahren in § 435 StPO ausdrücklich als "selbstständiges Einziehungsverfahren" bezeichnet, das, wie der vorliegende Sachverhalt unabhängig von dem (eigentlichen) Strafverfahren betrieben wird. Dieses ist vorliegend ja auch gegen alle Betroffenen eingestellt worden. Zudem haben das Strafverfahren und das selbstständige Einziehungsverfahren unterschiedliche Verfahrensgegenstände. Während es im Strafverfahren (vornehmlich) um die Bestrafung des Beschuldigten geht, steht im selbstständigen Einziehungsverfahren allein die Vermögensabschöpfung im Verfahrensfokus. Sind aber Strafverfahren und selbstständiges Einziehungsverfahren nach § 435 StPO unterschiedliche gebührenrechtliche Angelegenheiten, dann gelten die Grundsätze des § 15 RVG, sodass in Gebühren in jeder Angelegenheit gefordert werden können (dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Teil A: Angelegenheiten [§§ 15 RVG], Rn 99 ff.).
3. Nach Vorbem. 4 Abs. 1 VV entstehen damit die Gebühren nach Teil 4 VV, und zwar nach Teil 4 Abschnitt 1 VV. Denn der Beistand des Betroffenen im selbstständigen Einziehungsverfahren ist dort dessen "Verteidiger", der den "vollen Auftrag" erhalten hat. Er ist nicht nur mit einer Einzeltätigkeit beauftragt (Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4142 Rn 10).
4. Es entstehen für den Beistand grds. ggf. die Grundgebühr Nr. 4100 VV, die Vorverfahrensgebühr Nr. 4104 VV, die gerichtliche Verfahrensgebühr – hier die Nr. 4106 VV –, die Terminsgebühr – hier die Nr. 4108 VV – und die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV. Es entsteht nicht etwa nur die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV (vgl. dazu die Nachw. bei Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4142 VV Rn 10).
Da es bei der Grundgebühr Nr. 4100 VV aber nicht auf den Begriff der Angelegenheit ankommt, sondern auf die Einarbeitung in den Rechtsfall, entsteht die Grundgebühr Nr. 4100 VV nur für den Rechtsanwalt, der den Betroffenen des selbstständigen Einziehungsverfahrens nicht auch schon in einem (vorhergehenden) Strafverfahren, das denselben Rechtsfall – wie hier – zum Gegenstand hatte. Hat der Rechtsanwalt den Betroffenen dort ggf. auch als Verteidiger vertreten, hat er sich bereits eingearbeitet und die Grundgebühr entsteht nicht noch einmal.
Alle anderen Gebühren entstehen (noch einmal). Das gilt auch für die Vorverfahrensgebühr Nr. 4104 VV, da auch insoweit § 15 RVG gilt. Dass das AG diese nicht festgesetzt hat, ist daher nur zutreffend, wenn im selbstständigen Einziehungsverfahren keinerlei Tätigkeiten entfaltet worden sein sollten, die dem Abgeltungsbereich der Nr. 4104 VV (dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4104 VV Rn 13 ff.) unterfallen. Dafür spricht, dass das AG hier von sich aus das Verfahren nach § 435 StPO offenbar ohne jeden Vorlauf unmittelbar mit dem Antrag – quasi der Anklageschrift i.S.d. Anm. 2 zur Nr. 4104 VV – eingeleitet hat. Zutreffend ist es, dass Tätigkeiten, die der Beistand im Strafverfahren vor Eingang der Anklage erbracht hat, soweit außen vor bleiben. Denn sie werden im Rahmen des Strafverfahren abgegolten, nicht aber (noch einmal) im selbstständigen Einziehungsverfahren.
Selbstverständlich entsteht auch die Nr. 4142 VV als zusätzliche Verfahrensgebühr für Tätigkeiten im Hinblick auf die Einziehung (Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4142 VV Rn 10). Etwas anderes folgt nicht daraus, dass diese Gebühr ggf. auch schon im Strafverfahren entstanden ist. Insoweit gilt ebenfalls § 15 RVG.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 9/2021, S. 400 - 401