Mit diesem Beschluss klärt der BGH eine in Rspr. und Lit. höchst umstrittene Frage. Gegenstand des Rechtsstreits war eine Klage auf Räumung eines gewerblichen Mietobjektes. Die Grundsätze der BGH-Entscheidung dürften aber wohl auch auf das Wohnungsmietrecht übertragen werden können. Für die Praxis hat dies folgende Auswirkungen:
1. Verfahrensweise des Vermieters
Der Vermieter hat die Möglichkeit, vor Fälligkeit seines Herausgabeanspruchs eine Klage gem. § 257 ZPO auf künftige Räumung zu erheben. Je nachdem, wie sich der Beklagte einlässt und wie die Arbeitsbelastung des Gerichts ist, kommt der Vermieter im Erfolgsfall dann pünktlich zum Ende der Mietzeit in den Besitz eines Räumungstitels. Hat der Vermieter weiteres Glück und kann er alsbald die Räumungsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher erfolgreich betreiben, hat er dann Zugriff auf die Räumlichkeiten und kann sie dann dem Nachmieter überlassen, wenn der Mieter nicht freiwillig räumt. Allerdings führt der Vermieter eine solche Klage auf künftige Räumung mit dem Risiko, dass der beklagte Mieter den Räumungsanspruch sofort anerkennt. In einem solchen Fall kann dann den Kläger gem. § 93 ZPO die Kostenlast treffen.
2. Verfahrensweise des Mieters
Der BGH hat festgestellt, dass den Mieter keine Verpflichtung trifft, sich auf Fragen des Vermieters zu äußern, ob er am Ende seiner Mietzeit seiner Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Mieträume nachkommen werde. Ist die Kündigung des Mietverhältnisses begründet, muss der Mieter damit rechnen, dass er zur Räumung der gemieteten Räumlichkeiten zum Ende der Mietzeit verurteilt wird. Der Mieter hat aber auch – wie im Fall des BGH – die Möglichkeit, den Räumungsanspruch sofort anzuerkennen. Hat er keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, sind dem Kläger die Kosten des in der Hauptsache erfolgreichen Rechtsstreits aufzuerlegen. Nach Auffassung des BGH gibt der Mieter keine Veranlassung zur Klageerhebung i.S.d. § 93 ZPO, wenn er auf Nachfragen des Vermieters, ob er seiner Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Räumlichkeiten am Ende der Mietzeit erfüllen werde, keine Erklärungen abgibt. Nur dann, wenn sich aus dem Verhalten des Mieters Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dieser bei Fälligkeit den Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht erfüllen werde, hat er Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.
Der BGH hat hier noch einmal betont, dass es insoweit eines aktiven Verhaltens des Mieters bedürfe, aus dem der Vermieter den Schluss ziehen kann, dass der Mieter seine Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe des Mietobjektes zum Ende der Mietzeit nicht nachkommt. Der anwaltliche Berater, der den Mieter nach Kündigung des Mietverhältnisses berät oder vertritt, wird dies zu beachten haben. Zwar kann der Mieter bei begründeter Kündigung des Mietverhältnisses das Räumungsurteil nicht vermeiden. Er kann jedoch mit einer an der jetzigen Rspr. des BGH orientierten Verfahrensweise erreichen, dass ihn jedenfalls die Kosten des Räumungsprozesses nicht treffen. Dies kann insbesondere bei hohen Mietbeträgen, die Einfluss auf den Streitwert und damit auch auf den Gegenstandswert haben, zu einer erheblichen Kostenersparnis führen.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 9/2023, S. 410 - 413