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Neue gesetzliche Regelungen bringen oft neue gebührenrechtliche Probleme/Fragen. Denn häufig, wenn nicht sogar in der Regel, regelt der (Bundes-)Gesetzgeber sie nicht. Dabei soll dahin gestellt bleiben, ob bewusst oder unbewusst. Jedenfalls überlässt man diese Fragen dann doch lieber der Praxis, die sich damit aber häufig schwer tut. Eine solche Konstellation ist derzeit in Zusammenhang mit dem neuen § 62d AufenthG eingetreten.
I. Problemstellung
§ 62d AufenthG ist durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) v. 21.2.2024, das am 27.2.2024 in Kraft getreten ist, in das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG), eingefügt worden. Vorgesehen ist in § 62d AufentG die "Bestellung eines anwaltlichen Vertreters". In der Vorschrift heißt es:
Zitat
"Zur richterlichen Entscheidung über die Anordnung von Abschiebungshaft nach § 62 und Ausreisegewahrsam nach § 62b bestellt das Gericht dem Betroffenen, der noch keinen anwaltlichen Vertreter hat, von Amts wegen für die Dauer des Verfahrens einen anwaltlichen Vertreter als Bevollmächtigten."
II. Fragen und Antworten
Offen bleibt die Frage, wie dieser anwaltliche Vertreter seine Tätigkeiten abrechnet; dazu finden sich in den Gesetzesmaterialien auch keine Hinweise. Dazu muss man folgende Fragen stellen und beantworten.
1. Welcher Teil des VV ist für die Abrechnung heranzuziehen?
Bei den Abschiebe(haft)sachen handelt es sich nicht um Verfahren nach Teil 3 VV oder Teil 4 VV, da weder ein Zivilverfahren noch eine Strafsache i.S.d. Teil 4 VV vorliegt. Letzteres folgt i.Ü. auch aus den Gesetzesmaterialien zu dem neuen § 62d AufentG. Dort heißt es zu der Neuregelung:
Zitat
"Mit der Regelung wird dem Ausländer zur richterlichen Entscheidung über die Anordnung von Abschiebungshaft nach § 62 AufenthG und Ausreisegewahrsam nach § 62c AufenthG ein anwaltlicher Vertreter verpflichtend durch das Gericht bestellt. Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam stellen eine Freiheitsentziehung dar und damit einen Eingriff in Artikel 2 Absatz 2 S. 2 des Grundgesetzes. Die Pflichtbestellung im Abschiebungshaftverfahren und Verfahren des Ausreisegewahrsams dient dazu, es dem Ausländer zu ermöglichen, mithilfe eines anwaltlichen Vertreters seine Rechte in dem für ihn in der Regel unbekannten Verfahren der Anordnung der Abschiebungshaft bzw. des Ausreisegewahrsams geltend zu machen. Aufgrund der Komplexität der Materie und der Bedeutung des Eingriffs wird es sich hierbei um einen fachkundigen Rechtsanwalt handeln müssen. Dabei wird im Regelfall ein Anwalt aus einem entsprechenden Verzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer zu wählen sein. Da es sich bei der Abschiebungshaft und dem Ausreisegewahrsam nicht um eine Strafhaft handelt, sind die Regelungen in §§ 140 ff. StPO nicht anwendbar. Daher wurde eine eigenständige Regelung geschaffen, welche zur besseren Sichtbarkeit direkt in das Aufenthaltsgesetz bei den Vorschriften zur Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam aufgenommen wurde."
Bei den Abschiebe(haft)sachen handelt es sich vielmehr um sog. Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG, sodass Teil 6 Abschnitt 3 VV anwendbar ist. Es sind also die Gebühren aus Teil 6 Abschnitt 3 VV heranzuziehen.
2. Welche Gebühren können entstehen?
Ist damit geklärt, welche Gebührentatbestände des VV grds. heranzuziehen sind, stellt sich die weitere Frage, welche Gebühren der anwaltliche Beistand ggf. geltend machen kann.
a) Grundgebühr?
Zu fragen ist zunächst, ob ggf. eine Grundgebühr entsteht. Eine solche ist in Teil 6 Abschnitt 3 VV nicht vorgesehen. Damit kommt nur die analoge Anwendung einer der anderen im RVG vorgesehenen Grundgebührentatbestände in Betracht, also die Nrn. 4100, 5100 und 6200 VV. Die Frage nach der analogen Anwendung zu stellen, heißt m.E., sie gleich zu verneinen. Eine analoge Anwendung einer dieser Gebührentatbestände scheidet nämlich aus. Diese Grundgebühren sind ausdrücklich für bestimmte Verfahrensarten/-abschnitte bestimmt, damit kann man sie nicht auch auf andere Verfahrenskonstellationen anwenden.
b) Verfahrensgebühr Nr. 6300 VV
Für den anwaltlichen Beistand entsteht daher (nur) zunächst eine Verfahrensgebühr Nr. 6300 VV. Sie entsteht nach Vorbem. 6 Abs. 2 VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Das ist die Formulierung, die das RVG grds. für den Abgeltungsbereich aller Verfahrensgebühren verwendet. Das bedeutet, dass alle vom anwaltlichen ...