RVG VV Nr. 3104; BRAO § 49b Abs. 5

Leitsatz

  1. Bespricht der Anwalt des Anspruchsgegners mit dem Anwalt des Anspruchstellers, dem ein Klageauftrag erteilt ist, die Angelegenheit, um diese außergerichtlich zu erledigen, so verdient er damit die Terminsgebühr jedenfalls dann, wenn sein Auftrag die Rechtsverteidigung in einem etwaigen Klageverfahren umfasst (Vorinstanz OLG Koblenz AGS 2010, 66 m. krit. Anm. Schons = ArbRB 2010, 180 m. Anm. Schäder = FamFR 2010, 43 m. Anm. N. Schneider = zfs 2010, 42 m. Anm. Hansens = KostRsp. Vorbem. 3 VV Nr. 93 m. Anm. Onderka).
  2. Beruft sich der Auftraggeber darauf, dass der Anwalt entgegen § 49 Abs. 5 BRAO nicht darauf hingewiesen habe, dass die anfallenden Gebühren nach dem Gegenstandswert abzurechnen seien, muss er auch darlegen, dass er auf den Hinweis reagiert hätte und es damit zur Beauftragung des Anwalts zu den gesetzlichen Gebühren nicht gekommen wäre.

BGH, Urt. v. 1.7.2010 – IX ZR 198/09

Sachverhalt

Der Beklagte beauftragte die klagenden Rechtsanwälte mit der Durchführung seines Scheidungsverfahrens. Nach Übersendung des Entwurfs einer Scheidungsklage durch die Kläger drängte die Ehefrau des Beklagten über ihre ebenfalls mit einem Klageauftrag ausgestatteten Rechtsanwälte im Blick auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Ehegatten insbesondere auf Freistellung von Darlehensverpflichtungen an dem im jeweils hälftigen Miteigentum stehenden Eigenheim. Die Kläger besprachen im Auftrag des Beklagten am 20.2.2006 die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung mit den Bevollmächtigten der Ehefrau des Beklagten; als Ergebnis kam man überein, eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung auszuarbeiten. Die Ehegatten schlossen am 22.2.2007 einen notariellen Scheidungsfolgenvertrag. Darin übertrug die Ehefrau ihren hälftigen Grundstücksanteil auf den Beklagten, der die Grundpfandrechte übernahm und die Ehefrau von jeglicher Inanspruchnahme durch die Grundpfandrechtsgläubiger freistellte. Die Ehe wurde durch Urt. v. 10.5.2007 geschieden. Wegen der Besprechung der Scheidungsfolgen beanspruchen die Kläger von dem Beklagten Zahlung einer Geschäfts- und einer Terminsgebühr in Höhe von insgesamt 5.150,00 EUR. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Beklagte, die Klage hinsichtlich der Terminsgebühr in Höhe von 2.462,40 EUR abzuweisen.

Die Revision hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen

I.  Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Kläger seien von dem Beklagten beauftragt gewesen, für ihn den Besprechungstermin am 20.2.2006 wahrzunehmen. Durch die Teilnahme an dieser Besprechung sei eine Terminsgebühr angefallen. Voraussetzung für die Entstehung einer Terminsgebühr sei nach höchstrichterlicher Rspr. ein unbedingter Klageauftrag, jedoch nicht die Einreichung der Klage. Infolge des ihnen erteilten Klageauftrags könnten die Bevollmächtigten der Ehefrau von dieser die Terminsgebühr beanspruchen. Bei wortlautgetreuer Anwendung der Rspr. könnten hingegen die Kläger die Terminsgebühr nicht verlangen, weil sie nur mit der Abwehr des Anspruchs betraut worden seien. Es könne jedoch nicht darauf abgestellt werden, in welcher zufälligen prozessualen Situation sich die vertretene Partei befinde. Nach Sinn und Zweck des Gebührentatbestandes, die Gerichte zu entlasten, entstehe die Terminsgebühr auch zugunsten des Anwalts des Anspruchsgegners, wenn der Anspruchsteller seinem Anwalt einen Klageauftrag erteilt und der Anspruchsgegner seinen Anwalt zur Abwehr des Anspruchs mit der Wahrnehmung eines Besprechungstermins beauftragt habe.

II.  Dies hält – jedenfalls im Ergebnis – rechtlicher Prüfung stand.

1.  Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV entsteht gem. Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV auch durch die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Diese Voraussetzungen sind in der dem Streitfall zugrunde liegenden Konstellation zugunsten der klagenden Rechtsanwälte erfüllt.

a)  Während ein bereits laufendes Verfahren erledigt wird, kann nur ein Verfahren, das noch nicht begonnen hat, vermieden werden. Deshalb braucht der Anspruch, der Gegenstand der Besprechung ist, nicht bereits bei Gericht anhängig gemacht worden zu sein. Vielmehr will der Gesetzgeber die außergerichtliche Streiterledigung dadurch fördern, dass die Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn der Anwalt nach Erteilung des Klageauftrags an einer auf die Vermeidung des Verfahrens gerichteten Besprechung mitwirkt (BT-Drucks 15/1971 S. 148; BGH, Urt. v. 8.2.2007 – IX ZR 215/05, NJW-RR 2007, 720 [= AGS 2007, 166 = JurBüro 2007, 241]). Voraussetzung für die zugunsten des Anwalts des Anspruchstellers anfallende Terminsgebühr ist danach lediglich die Erteilung eines unbedingten Klageauftrags, nicht jedoch die Einreichung der Klage (BGH, Urt. v. 8.2.2007, a.a.O.).

b)  Im Streitfall hatte die Ehefrau des Beklagten ihren Bevollmächtigten nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts einen Klageauftrag erteilt. Diese...

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