Streitig ist lediglich, ob eine "fiktive Terminsgebühr" in Analogie zu Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), dann entsteht, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, "ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird".
Zu der Frage, inwiefern der Anwendungsbereich der Nr. 3106 VV über ihren Wortlaut hinaus in Analogie zu Nr. 3104 VV ausgedehnt werden muss, hat der Senat bereits mit Entscheidung vom 17.7.2006 (L 6 B 168/06 R-KO) Stellung genommen. Es heißt dort:
In Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, also in Verfahren wie dem vorliegenden mit nach § 183 SGG kostenprivilegierten Klägern (§ 197a Abs. 1 SGG), entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 S. 1 RVG). Die Verfahrensgebühr beträgt nach Nr. 3102 VV 40,00 bis 460,00 EUR, die Mittelgebühr ist mithin bei 250,00 EUR anzusetzen. Gem. § 3 Abs. 1 S. 2 werden in sonstigen Verfahren die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet. Für die Berechnung der Gebühr nach dem Gegenstandswert schreibt § 13 RVG eine starre Gebührentabelle vor. Von diesen Sätzen entsteht dann die 1,3-fache Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) und eine 1,2-fache Terminsgebühr (Nr. 3104 VV). In dieser Norm ist festgelegt, dass die Gebühr auch entsteht, wenn
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in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, |
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nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder |
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das Verfahren vor dem SG nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. |
Für die Fälle nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG (Fälle mit Betragsrahmengebühr) gilt allerdings eine grundsätzlich andere Berechnung. Es wird nicht auf die Tabelle nach § 13 RVG Bezug genommen, vielmehr nennt § 14 RVG mehrere Kriterien, die es ermöglichen, innerhalb des in der Regel sehr breit gefassten Rahmens eine Gebühr zu bestimmen. Die Verfahrensgebühr bestimmt sich in diesen Fällen nach Nr. 3102 VV und beträgt 40,00 bis 460,00 EUR, im denkbar unkompliziertesten Fall also 40,00 EUR. Eine Terminsgebühr entsteht auch in diesen Fällen, und zwar nach der Nr. 3106 VV i.H.v. 20,00 bis 380,00 EUR. Die Gebühr entsteht auch – so der ausdrückliche Wortlaut –, wenn
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in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, in Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, |
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nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder |
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das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. |
Die drei Ziffern von Nrn. 3104 und 3106 VV entsprechen sich also mit Ausnahme des "schriftlichen Vergleichs", der in Nr. 3106 nicht erwähnt ist.
Es handelt sich hierbei nicht um ein Redaktionsversehen (vgl. hierzu auch SG Berlin, Beschl. v. 27.10.2005 – S 15 KN 23/03, RVGreport 2006, 106). Dass in Nr. 3106 VV der "schriftliche Vergleich" nicht erwähnt wird, hängt damit zusammen, dass es den schriftlichen Vergleich in Verfahren nach dem SGG nicht gibt (a.A. aber offenbar SG Berlin a.a.O.). Sowohl die ZPO (§ 278 Abs. 6) als auch die VwGO (§ 106 S. 2) sehen die Möglichkeit eines gerichtlichen Vergleichs durch Zustimmung zu einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag vor. Dieses Prozedere ist im SGG ausdrücklich nicht vorgesehen. Selbst in dem Fall, dass sich die Beteiligten bereits nach § 124 Abs. 2 SGG auf das schriftliche Verfahren geeinigt haben, ist für die wirksame Protokollierung eines gerichtlichen Vergleichs die mündliche Verhandlung erforderlich (vgl. Meyer-Ladewig-Leitherer, § 101 SGG Rn 9 m.w.Nachw.). Die Alternative der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV a.E. ("oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird") läuft also in jedem Fall für die Sozialgerichtsbarkeit leer, und zwar auch dann, wenn es sich um ein Verfahren handelt, in dem die Gebühren nach dem GKG berechnet werden. Im Sozialgerichtsverfahren führt eine entsprechende Vorgehensweise immer nur zu einem außergerichtlichen Vergleich, der als solcher nicht prozessbeendigend wirkt; so wurde ja im vorliegenden Verfahren die Prozessbeendigung durch eine Erledigterklärung erreicht, die im SGG als Klagerücknahme auszulegen ist. Diese Konsequenz ist auch nicht unbillig. Grundsätzlich gilt: Fällt die mündliche Verhandlung nur deswegen aus, weil ein anderes Verfahren gewählt wurde, so entsteht die Terminsgebühr. Fällt sie aus, weil sich der Rechtsstreit vorher anders erledigt, so entsteht die Terminsgebühr nicht. Man könnte insoweit den untechnischen Terminus "schriftliche Verhandlung" gebrauchen, als eine solche ist es auch anzusehen, wenn das grundsätzlich in mündlicher Verhandlung zu erklärende, im konkreten Fall aber schriftlich abgegebene Anerkenntnis schriftlich angenommen wird und somit zur Prozessbeendigung führt.
Unabhängig von den Bemühunge...