Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass der Senat in std. Rspr. die Reisekosten einer Partei für erstattungsfähig erachtet. Der Grund für diese Auffassung liegt darin, dass der Grundsatz der Mündlichkeit in einer Gerichtsverhandlung mit Rede und Gegenrede seine ureigenste Ausprägung findet und der Partei auch im Anwaltsprozess auf Antrag das Wort zu erteilen ist (§ 137 Abs. 4 ZPO). Die persönliche Anwesenheit der Partei ist vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts, über die Güteverhandlung (§ 278 Abs. 2 ZPO) hinaus in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits hinzuwirken (§ 278 Abs. 1 ZPO), und der materiellen Prozessleitungspflicht des Gerichts, die sich insbesondere durch die Ausübung des Fragerechts in der mündlichen Verhandlung verwirklicht (§§ 279 Abs. 3, 139 ZPO), aus Gründen der Prozessökonomie vielfach sachgemäß und zielführend. Schlichtungsbemühungen des Gerichts und die erschöpfende Wahrnehmung der richterlichen Aufklärungs- und Hinweispflicht gelingen nicht selten am ehesten, wenn das Gericht unmittelbar mit den Parteien das Streitverhältnis und das Für und Wider einer einvernehmlichen Lösung in der mündlichen Verhandlung erörtert.

Darauf muss sich auch eine Partei einstellen, die eine ausländische Partei im Wege der Klage in Anspruch nimmt. Sie muss die Grundsätze bei der Betrachtung ihres Prozesskostenrisikos einbeziehen.

Mit diesen Grundsätzen sind aber zugleich die Grenzen der Erstattungsfähigkeit beschrieben. Ausnahmsweise kommt mithin eine Erstattung der Reisekosten nicht in Betracht, wenn eine gütliche Einigung von vorneherein ausscheidet, ein Aufklärungsbedürfnis des Gerichtes nicht ersichtlich ist, weil nur Rechtsfragen zu beantworten sind und auch aus sonstigen Gesichtspunkten eine Teilnahme gänzlich untunlich erscheint. Diese Ausnahmen sind vorliegend allerdings entgegen der Auffassung des LG nicht gegeben. Auch wenn die Klägerin vorträgt, dass vorgerichtliche Bemühungen um eine gütliche Einigung gescheitert sind, hat das LG sowohl für den ursprünglichen Termin am 13.1.2010 als auch für die beiden hier betroffenen Termine am 15.4. und am 17.6.2010 zur Güteverhandlung geladen. Die Beklagte hat mit dem Schriftsatz vom 9.12.2009 angekündigt, zum Termin zur Güteverhandlung und mündlichen Verhandlung persönlich erscheinen zu wollen. Dabei hat sie auf den weiten Anreiseweg, ihre besonderen Beschwerlichkeiten und weiteren Aufwand hingewiesen. Gleichzeitig hat sie ausgeführt, dass sie an den Terminen teilnehmen möchte, um zur Aufklärung des umfangreichen Sachverhaltes beizutragen. Dem haben weder das Gericht noch die Klägerin widersprochen. Im Gegenteil: Das LG hat gerade vor dem Hintergrund des Wunsches der Beklagten den ursprünglichen Termin vom 13.1. auf den 15.4.2010 verlegt. Die Beklagte durfte deshalb davon ausgehen, dass ihre Teilnahme auch aus Sicht des LG eine sachgerechte Ausübung ihrer Parteirechte darstellt. Es steht der Rechtspflegerin im Kostenfestsetzungsverfahren deshalb nicht zu, die Teilnahme als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren.

Dass die Teilnahme an dem Termin einer Kosten-Nutzen-Relation nicht entspricht, vermag der Senat nicht festzustellen. Die Bedeutung der Rechtssache darf nicht alleine am Streitwert gemessen werden. Die Bedeutung bestimmt sich auch nach dem Informations- und Aufklärungsbedürfnis des Gerichtes sowie der Notwendigkeit der Wahrnehmung von Parteirechten. Vorliegend waren ein Gesellschafter der Klägerin zur persönlichen Anhörung sowie ein Zeuge zu den streitentscheidenden Fragen geladen. Es war deshalb für die Beklagte von einer anerkennenswerten Bedeutung, an dem Termin teilzunehmen, um auch ihrerseits zur Aufklärung beizutragen, damit die prozessuale Waffengleichheit herzustellen und ihr Fragerecht vor dem Hintergrund des eigenen Wissens sachgerecht ausüben zu können.

Die Höhe der Kosten sind in ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit nicht in Zweifel gezogen worden, sodass es keiner weiteren Ausführungen bedarf.

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