FamFG § 221 Abs. 1; RVG VV Anm. Abs. 1 zu Nr. 3104
Leitsatz
- Die Entstehung der Terminsgebühr des Rechtsanwalts hängt in denjenigen Fällen, in denen die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten, davon ab, ob für das betreffende Verfahren die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Da § 221 Abs. 1 FamFG bei einer Versorgungsausgleichssache die Durchführung des Erörterungstermins nicht zwingend vorschreibt, entsteht keine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, wenn das Gericht mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung eines Termins entscheidet.
- Eine Einigungsgebühr entsteht im Versorgungsausgleichsverfahren nicht bereits dadurch, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten in einem Telefongespräch den vom Familiengericht übermittelten Entscheidungsentwurf übereinstimmend billigen.
OLG Dresden, Beschl. v. 26.7.2012 – 22 WF 0554/12
1 Sachverhalt
Das FamG hatte im Jahre 2006 die Ehe der Beteiligten geschieden und die Folgesache Versorgungsausgleich nach deren Abtrennung gem. § 2 VAÜG ausgesetzt.
Mit Verfügung v. 14.4.2010 hat das FamG das ausgesetzte Verfahren zum Versorgungsausgleich von Amts wegen wieder aufgenommen. Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das Familiengericht ihr Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt.
Nachdem das FamG aktuelle Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt und nachfolgend den Beteiligten den Entwurf einer beabsichtigten Entscheidung zum Versorgungsausgleich zur Stellungnahme übermittelt hatte, hat es die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, über den Versorgungsausgleich ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden.
Daraufhin hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie dem Beschlussentwurf zustimme und eine mündliche Verhandlung weiterhin als nicht erforderlich ansehe. Der Antragsteller hat erklärt, dass er an seinem ursprünglichen Antrag, den Ausgleich seiner Rentenanwartschaften gem. § 27 VersAusglG auszuschließen, nicht festhalte und dass im Übrigen gegen den Beschlussentwurf keine rechtlichen Bedenken bestünden. Außerdem sei er mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Im Anschluss daran hat das FamG über den Versorgungsausgleich ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Der Beschwerdeführer hat sodann beantragt, seine Vergütung gem. § 49 RVG festzusetzen, darunter auch eine 1,2-Terminsgebühr und eine 1,0-Einigungsgebühr.
Der Rechtspfleger hat Termins- und Einigungsgebühr abgesetzt. Der dagegen erhobenen Erinnerung hat das FamG nicht abgeholfen. Die zugelassene Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
a) Bei der nach § 50 Abs. 1 VersAusglG ausgesetzten Sache handelt es sich um ein selbstständiges Verfahren (Art. 111 Abs. 4 FGG-RG), auf das das seit 1.9.2009 in Kraft getretene Verfahrensrecht des FamFG Anwendung findet (BGH FamRZ 2012, 98 ff.). Infolgedessen vermag der Umstand, dass in dem früheren Verbundverfahren (neben der Ehesache auch über den Versorgungsausgleich) mündlich verhandelt worden ist, eine Terminsgebühr für das (neue) selbstständige Versorgungsausgleichsverfahren nicht zu begründen. Vielmehr ist allein das wieder aufgenommene Verfahren Maßstab für die Festsetzung einer Terminsgebühr. Die Voraussetzungen hierfür sind aber nicht erfüllt:
aa) Nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht eine Terminsgebühr, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird.
Anerkannt ist, dass in Unterhaltssachen (§ 231 Abs. 1 FamFG) als Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO in erster Instanz grundsätzlich eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Deshalb ist in solchen Verfahren unabhängig davon, ob durch Beschluss oder Urteil entschieden wird, der Anfall einer Terminsgebühr möglich, wenn die Parteien einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten (OLG Hamm FamRB 2011, 276 [= AGS 2012, 16]; OLG Rostock JurBüro 2012, 192 [= AGS 2011, 588]). Auch in Kindschaftssachen nach §§ 151 ff. FamFG fällt die Terminsgebühr bei einem einvernehmlichen Verzicht auf die mündliche Erörterung im ersten Rechtszug an, weil § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG die Durchführung eines Erörterungstermins in den in § 155 Abs. 1 FamFG genannten Verfahren – zwingend – vorschreibt (OLG Stuttgart FamRZ 2011, 591 [= AGS 2010, 586]; OLG Rostock a.a.O.).
Diese Voraussetzungen liegen jedoch in erstinstanzlichen Verfahren in Versorgungsausgleichssachen nicht vor. Gem. § 221 Abs. 1 FamFG "soll" das Familiengericht in einer Versorgungsausgleichssache die Angelegenheit mit den Ehegatten in einem Termin erörtern. Zutreffend wird dies entsprechend dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch dahin verstanden, dass ein Termin zwar im Regelfall, nicht aber notwendig durchzuführen ist (OLG Rostock, a.a.O.; Wagner, in: Prütting/Helms, § 221 FamFG, Rn 3). Damit liegt eine vergle...