Leitsatz (amtlich)

Die Entstehung der Terminsgebühr des Rechtsanwalts hängt in denjenigen Fällen, in denen das Gericht im einverständnis mit den Parteien tatsächlich weder mündlich verhandelt noch sonst Beteiligte mündlich anhört, davon ab, ob das betreffende Verfahren die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3104; FamFG § 226

 

Verfahrensgang

AG Güstrow (Beschluss vom 07.07.2011)

 

Tenor

Die Beschwerde von Rechtsanwalt ... gegen die Absetzung der Terminsgebühr mit dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des AG Güstrow - Familiengericht - vom 7.7.2011 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.

 

Gründe

I. Im Rahmen der Festsetzung der aus der Staatskasse zu begleichenden VKH-Vergütung erstrebt der beschwerdeführende Rechtsanwalt die Zahlung einer 1,2 Terminsgebühr i.H.v. 192,30 EUR zzgl. Umsatzsteuer für seine Tätigkeit in dem wieder aufgenommenen Versorgungsausgleichsverfahren, in dem mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ohne Durchführung eines Termins vom Familiengericht durch Beschluss vom 15.3.2011 der Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist.

Das Familiengericht hat auf die Erinnerung des Rechtsanwalts die schon zuvor von der Rechtspflegerin vorgenommene Absetzung der Terminsgebühr mit der Begründung bestätigt, dass hier kein Fall der zwingend vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung vorliege, weshalb der Gebührentatbestand der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG nicht erfüllt sei.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Festsetzungsbegehren weiter.

II. Die gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 RVG zulässige Beschwerde führt nicht zur Änderung der angefochtenen Entscheidung.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Entstehung der Terminsgebühr hängt in denjenigen Fällen, in denen das Gericht im Einverständnis mit den Parteien tatsächlich weder mündlich verhandelt noch sonst Beteiligte mündlich anhört, davon ab, ob für das betreffende Verfahren die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG).

Wann dieses Erfordernis vorliegt, muss also im jeweiligen Einzelfall der entsprechenden Verfahrensnorm entnommen werden, die sich zur Frage der notwendigen mündlichen Verhandlung bzw. Erörterung verhält.

Anerkannt ist, dass in Unterhaltssachen (§ 231 Abs. 1 FamFG) als Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO in erster Instanz grundsätzlich eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Deshalb ist in solchen Verfahren unabhängig davon, ob durch Beschluss oder Urteil entschieden wird, der Anfall einer Terminsgebühr möglich, wenn die Parteien einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten (OLG Hamm FamRB 2011 [Heft 9], S. 276, 277).

Auch in Kindschaftssachen nach §§ 151 ff. FamFG fällt die Terminsgebühr bei einem einvernehmlichen Verzicht auf die mündliche Erörterung an, weil § 155 Abs. 2 Satz 1 FamFG die Durchführung eines Erörterungstermins in den in § 155 Abs. 1 FamFG genannten Verfahren - zwingend - vorschreibt (OLG Stuttgart FamRZ 2011, 591, 592).

Diese Voraussetzungen liegen jedoch in erstinstanzlichen Verfahren in Versorgungsausgleichssachen nicht vor.

Gemäß § 221 Abs. 1 FamFG "soll" das Familiengericht in einer Versorgungsausgleichssache die Angelegenheit mit den Ehegatten in einem Termin erörtern. Zutreffend wird dies entsprechend dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch dahin verstanden, dass ein Termin zwar im Regelfall, nicht aber notwendig durchzuführen ist (Wagner in Prüting/Helms, § 221 FamFG, Rz. 3; BGH-NJW 1993, 824 zum früheren § 53b Abs. 1 FGG). Damit liegt eine vergleichbare Rechtslage, wie sie im Zivilprozess gem. § 128 Abs. 1 ZPO besteht und wie sie Grundlage der Regelung in der Anmerkung zu Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG ist, in Versorgungsausgleichssachen nicht vor (KG, Beschl. v. 26.5.2011 - 19 WF 102/11 Rz. 5 [zitiert nach juris]; OLG Rostock, Beschl. v. 24.8.2011 - 10 WF 177/11).

Die vom Beschwerdeführer für seine gegenteilige Rechtsansicht in Bezug genommene Fundstelle "Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts, 8. Aufl., 17. Kap., Rz. 218" übersieht, dass die frühere Rechtsprechung zu § 13 Abs. 2 Hausratsverordnung und § 44 Abs. 1 WEG a.F. - nach der auch in diesen Verfahren bei Verzicht auf eine mündliche Erörterung eine Terminsgebühr entstehen konnte - auf die Regelung des § 221 Abs. 1 FamFG nicht übertragbar ist (KG, a.a.O., Rz. 6 [zitiert nach juris]). Grundlage der früheren Rechtsprechung war, dass die Bestimmungen zur Hausratsverordnung und zum WEG a.F. einen vergleichbaren Regelungsgehalt wie § 128 Abs. 1 ZPO hatten.

Das ist hinsichtlich der Bestimmungen des FamFG aber nicht der Fall. Das FamFG unterscheidet zwischen Terminen, die lediglich durchgeführt werden "sollen" (§ 157 Abs. 1, 207, 221 Abs. 1 FamFG) und solchen, die notwendig durchzuführen sind (§ 155 Abs. 2 FamFG). Nur wenn in den zuletzt genannten Verfahren ausnahmsweise die Anberaumung eines Erörterungstermins im Einverständnis mit den Beteiligten unt...

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