I. Kein gesonderter Auftrag
Zum Teil wird verlangt, dass die Erbengemeinschaft dem Anwalt einen gesonderten Auftrag zur Vertretung bzw. zur Fortsetzung des Mandats erteilen müsse. Solange dies nicht geschehe, bleibe es bei dem einen Auftraggeber, nämlich dem Erblasser. Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend und wird vom OLG Köln zu Recht abgelehnt. Mit dem Tod des Erblassers treten die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch in den Anwaltsvertrag ein und sind damit Vertragspartner und folglich Auftraggeber. Ob sie den Prozess wollten oder nicht, ob sie ihn beenden oder nicht, spielt insoweit keine Rolle. Sie können sich gegen den Eintritt kraft Gesetzes (§ 1922 Abs. 1 BGB) in das Vertragsverhältnis nicht wehren. Damit tritt also die Gebührenerhöhung automatisch ein. Eines gesonderten Auftrags, einer gesonderten Bestellung oder einer Anzeige des Erbfalls bedarf es insoweit nicht.
II. Umfang der Erhöhung
Bei der Berechnung der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV stellt sich nun die Frage, wie zu rechnen ist, oder auf den Punkt gebracht: Ist der Erbe selbst als weiterer Auftraggeber mitzuzählen?
Beispiel
Während des Rechtsstreits verstirbt der Erblasser und wird von seinen drei Kindern beerbt.
Für die Vertretung der drei Erben wäre an sich eine 1,9-Verfahrensgebühr zu berechnen, nämlich eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) zuzüglich zweier Erhöhungen um 0,3 (Nr. 1008 VV). Rechnet man den Erblasser mit, dann hätte der Anwalt insgesamt vier Auftraggeber vertreten, so dass er eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) zuzüglich dreier Erhöhungen um 0,3 (Nr. 1008 VV), also um 0,9, auf insgesamt 2,2, verdient hätte.
Nach einer Auffassung, der auch das OLG Köln folgt, ist der Erblasser mitzuzählen. Danach soll nichts anderes gelten als bei einem Parteiwechsel, bei dem die ursprüngliche Partei ausscheidet und der Rechtsstreit von der neu eintretenden Partei fortgesetzt wird. Dort werden ausscheidende und eintretende Partei als gesonderte Auftraggeber mit der Folge der Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV für den gemeinsamen Anwalt angesehen.
Nach a.A. ist der Erblasser nicht mitzuzählen. Diese Auffassung dürfte wohl zutreffend sein. Es liegt hier kein Parteiwechsel vor, der ja im Übrigen nach mündlicher Verhandlung der Zustimmung des Gegners bedürfte, sondern es liegt eine schlichte Rechtsnachfolge vor. Die Erben treten nach § 1922 Abs. 1 BGB anstelle des Erblassers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in das Mandat ein und setzen dieses fort. Sie treten also nicht – wie beim Parteiwechsel – als zeitlich versetzter weiterer Auftraggeber hinzu, sondern bilden mit dem vorherigen Auftraggeber eine Einheit. Daher wird auch bei einer Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich der Kosten nicht zwischen dem ausgeschiedenem Erblasser und den eintretenden Erben unterschieden; so aber beim Parteiwechsel, wo über die Kosten der ausscheidenden Partei gesondert zu entscheiden ist und die ausscheidende Partei auch mit gesonderten Kosten belastet werden kann. Vielmehr bilden Erblasser und Erben eine sukzessive Einheit, so dass zusätzlich für den Erblasser nicht auch noch eine Erhöhung verlangt werden kann.
Im Beispiel darf daher insgesamt nur eine 1,9-Verfahrensgebühr abgerechnet werden.
Norbert Schneider
AGS 10/2014, S. 451 - 453