Leitsatz
- Ein auf die Klagerücknahme zielender Anruf des Beklagtenvertreters beim Prozessbevollmächtigten des Klägers kann in eine auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung münden und damit die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV auslösen.
- Bleibt der Inhalt des Telefongesprächs streitig, geht das zu Lasten desjenigen, der den gebührenrelevanten Sachverhalt behauptet, sofern keine äquipollente Sachdarstellung vorliegt (hier verneint).
OLG Koblenz, Beschl. v. 3.7.2015 – 14 W 415/15
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte beim LG Klage gegen die Beklagte als Aktiengesellschaft ausländischen Rechts erhoben. Mit der Klageerwiderung rügte die Beklagte die sachliche und örtliche Zuständigkeit des LG. Das Gericht wies mit Verfügung des Vorsitzenden auf die mangelnde internationale Zuständigkeit hin. Nach Aktenlage wurde darauf die Klage zurückgenommen; der Klägerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag begehrt die Beklagte nicht nur die 1,3-Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale von 805,20 EUR (785,20 EUR + 20,00 EUR), sondern auch eine 1,2-Terminsgebühr von 724,80 EUR. Sie behauptet dazu, dass ein Telefongespräch zwischen den Bevollmächtigten zum Zwecke der Erledigung des Rechtsstreites stattgefunden habe.
Das bestreitet die Klägerin. Der Bevollmächtigte der Beklagten habe sich vielmehr unaufgefordert bei ihrem Bevollmächtigten gemeldet und informatorisch erfragt, ob die Klage zurückgenommen werde. Hierzu sei ihr Bevollmächtigter zu diesem Zeitpunkt aufgrund des gerichtlichen Hinweises schon entschlossen gewesen und habe ebenso allein informatorisch darauf hingewiesen, dass die Zustimmung der Klägerin noch ausstehe.
Das LG hat darauf die Terminsgebühr antragsgemäß festgesetzt. Nach den glaubwürdigen Aussagen des Beklagtenvertreters habe ein Gespräch stattgefunden, das auf die Vermeidung des Rechtsstreites gerichtet war. Das habe der Klägervertreter auch bestätigt, wenn er einräume, dass der Beklagtenvertreter um Mitteilung gebeten habe, ob die Klage zurückgenommen wird. Versuche der Antragsteller den Gegner in einem Gespräch zur Rücknahme der Klage zu bewegen, so sei dies eine die Terminsgebühr auslösende Tätigkeit.
Dem tritt die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde entgegen, die Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen
Eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV fällt nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 3 VV für die Mitwirkung an Besprechungen an, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.
Die Beklagte hat nicht nachweisen können, dass die Parteivertreter am 16.11.2014 eine solche Besprechung geführt haben. Während die Beklagte behauptet, in dem Telefonat sei die Rücknahme der Klage ebenso erörtert worden wie der sachliche Anspruch selbst, hat die Klägerin dies bestritten. Sie verweist darauf, dass in dem Gespräch lediglich eine Information erteilt worden sei.
Anders als das LG meint, kommt es nicht darauf an ob die Aussagen des Beklagtenvertreters glaubwürdig sind. Der Senat hat bereits 2005 entschieden, dass im Kostenfestsetzungsverfahren derjenige, der einen Gebührentatbestand behauptet, im Falle des Bestreitens zu beweisen hat, dass die tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sind, an die das Gesetz das Entstehen der Gebühr knüpft (Senat v. 8.6.2005 – 14 W 366/05, NJW 2005, 2165 = JurBüro 2005, 417 [= AGS 2005, 411]). Demnach musste die Beklagte hier beweisen, dass das anwaltliche Telefongespräch den von seinem Prozessbevollmächtigten behaupteten Inhalt hatte. Dieser Beweis ist nicht geführt. Die anwaltliche Versicherung, den Gesprächsinhalt richtig wiedergegeben zu haben, ist unzureichend, weil in den Ausführungen der Klägerin eine inhaltlich gegenläufige anwaltliche Versicherung liegt.
Die Klägerin hat auch nicht zugestanden, dass ein auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtetes Telefongespräch stattgefunden hat. Wenn das LG ausführt, dass der Klägervertreter zugestanden habe, dass der Beklagtenvertreter um Mitteilung gebeten habe, ob die Klage zurückgenommen wird, genügt dies nicht für die Annahme einer auf die Erledigung des Rechtsstreites gerichteten Besprechung. Schon im Ansatz verfehlt ist die Darstellung des LG, das Telefonat sei auf die Vermeidung eines Rechtsstreites gerichtet gewesen. Da der Rechtsstreit bereits anhängig war, konnte dieser nicht mehr vermieden werden. Wie das LG selbst ausführt, geht die Kommentarliteratur davon aus, dass erforderlich ist, dass der Antragsteller versucht hat, den Gegner zur Rücknahme der Klage zu bewegen (Gerold-Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 21. Aufl., Vorbem. 3 VV Rn 166; Onderka/Schneider, in: AnwK-RVG, 7. Aufl., Vorbem. 3 VV Rn 152; vgl. auch die Fallbeispiele bei Kessel, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, Vorbem. 3 VV Rn 37 ff.). Insoweit ist es erforderlich, dass ein auf die Erledigung des Rechtsstreites gerichteter Meinungsaustausch stattgefunden hat (Senat v. 29.4.2005 – 14 W 257/05, NJW 2005, 2162 = AnwBl 2005, 586 [= AGS 2005, 278]). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass die Terminsgebühr bei einer Bespre...