Leitsatz
- Soweit in den AKB vereinbart ist, dass eine Rückstufung des Vertrages vermieden werden kann, wenn der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer dem Kaskoversicherer die geleistete Entschädigung in vollem Umfang erstattet (Ziff. 1.4.1.2c), zeigt sich der Kaskoversicherer durch diese Regelung damit einverstanden, dass der Versicherte die nach § 86 VVG auf den Versicherer übergegangenen Schadensersatzforderungen klageweise geltend macht und somit für die Erstattung durch den Dritten an den Versicherer sorgen kann.
- Der Versicherungsnehmer hat in dieser Vertragskonstellation ein eigenes schutzwürdiges Interesse, die Rückstufung durch Zahlung von dritter Stelle zu vermeiden. Durch die klageweise Geltendmachung kann der Versicherungsnehmer dieses Ziel maßgeblich beeinflussen.
- Die Aktivlegitimation besteht nur, soweit der Versicherungsnehmer Zahlung an den Kaskoversicherer verlangt.
LG Wuppertal, Urt. v. 9.3.2015 – 4 O 448/13
1 Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von den Beklagten den Ausgleich ihrer Schäden aus einem Verkehrsunfall und zwar Reparaturkosten i.H.v. 10.541,61 EUR, Gutachterkosten i.H.v. 799,20 EUR und Mietwagenkosten i.H.v. 355,00 EUR. Diese Schadenspositionen regulierte die Beklagte zu 2) zu 50 %, zahlte also insgesamt einen Betrag von 5.847,91 EUR. Die geltend gemachte Auslagenpauschale i.H.v. 25 EUR erstattete sie nicht.
Nach Rechtshängigkeit überwies der Kaskoversicherer der Klägerin einen Betrag von 5.448,31 EUR auf die Reparaturkosten. Dem Vollkaskoversicherungsvertrag liegen die AKB zugrunde, dort heißt es in Nr. 1.4.1.2c, dass eine Rückstufung des Vertrages vermieden werden könne, indem die geleisteten Schadensaufwendungen von dem Versicherungsnehmer selbst oder einem Dritten zurückerstattet werden und der Vertrag deshalb als schadensfrei behandelt wird.
Insoweit hat die Klägerin ihren Klageantrag umgestellt und i.H.v. 5.448,31 EUR die Zahlung nicht mehr an sich, sondern an den Kaskoversicherer beantragt.
Die Beklagten haben sich hinsichtlich der Klageänderung darauf berufen, der Klageantrag sei unzulässig, da insoweit die Voraussetzungen einer Prozessstandschaft nicht gegeben seien.
2 Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 1) zulässig. Insbesondere ist die Klägerin prozessführungsbefugt. Das gilt auch insoweit, als sie die Verurteilung der Beklagten begehrt, einen Betrag von 5.448,31 EUR an den Kaskoversicherer der Klägerin, die B Versicherungs-AG, zu zahlen. Die Klägerin kann hier ein fremdes Recht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verfolgen. Zwar liegt kein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO vor. Denn dies würde eine Abtretung nach Rechtshängigkeit voraussetzen. Der Kaskoversicherer zahlte vorliegend jedoch bereits im November 2013 an die Klägerin, was zum Forderungsübergang nach § 86 VVG führte. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage noch nicht rechtshängig. Die Klägerin kann jedoch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft vorgehen. Voraussetzung sind eine wirksame Ermächtigung nach Art des § 185 BGB, ein eigenes schutzwürdiges Interesse sowohl des Prozessstandschafters als auch des Rechtsinhabers sowie das Fehlen schutzwürdiger Belange des Beklagten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. 2012, Vor § 50 Rn 44). Die Schadensersatzansprüche sind im Zuge der Regulierung gem. § 86 VVG auf den Kaskoversicherer übergegangen. Dieser hat die Klägerin zur klageweisen Geltendmachung seiner Ansprüche jedenfalls konkludent ermächtigt. Denn die AKB des Kaskoversicherers sehen unter Nr. 1.4.1.2c vor, dass der Vollkaskovertrag des Versicherten auch bei Erstattung der zur Regulierung bezahlten Beträge von dritter Seite schadensfrei gestellt und damit eine Rückstufung vermieden wird. Durch diese Regelung zeigt sich der Kaskoversicherer damit einverstanden, dass der Versicherte die nach § 86 VVG auf den Versicherer übergegangenen Schadensersatzforderungen klageweise geltend macht und somit für die Erstattung durch den Dritten an den Versicherer sorgen kann. Die Klägerin hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse, die Rückstufung durch Zahlung von dritter Seite zu vermeiden. Und sie kann dieses Ziel durch die klageweise Geltendmachung der Schadensersatzansprüche zugunsten des Versicherers maßgeblich beeinflussen (OLG Celle BeckRS 2006, 106096). Der Kaskoversicherer wiederum hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Prozessführung durch die Klägerin, die ihm die Durchführung eines Klageverfahrens erspart. Entgegenstehende Belange der Beklagten sind nicht ersichtlich. Insbesondere besteht durch die Prozessstandschaft vorliegend kein höheres Kostenrisiko.
In Höhe von 5.448,31 EUR hat die Klägerin ihren Antrag zulässigerweise auf Zahlung an den neuen Rechtsinhaber, die B Versicherungs-AG, umgestellt. Dies folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 264 Nr. 3 ZPO (MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 265 Rn 87). Die Umstellung trägt den geänderten materiellen Verhältnissen Rechnung. Ohne sie wäre die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation unbeg...