Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg.
Die Kostenfestsetzung ist rechtsirrig erfolgt. Zum wiederholten Male muss der Senat feststellen, dass der Rechtspfleger weder die einschlägige Rspr. noch die entsprechende Kommentierung zur Kenntnis nimmt, dies obwohl der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin mit der Beschwerdeschrift Kopien der Kommentierung von Müller-Rabe aus Gerold/Schmidt u.a., RVG, zu Nr. 1000 VV zur Akte gereicht hat, denen er die Lösung der vorliegend zu beurteilenden rechtlichen Problematik – Kenntnisnahme vorausgesetzt – ohne weiteres hätte entnehmen können.
1. Erklären die Parteien den Rechtstreit übereinstimmend für erledigt, fällt grundsätzlich keine Einigungsgebühr an. (Die vom Rechtspfleger in seiner Verfügung v. 25.6.2015 erwähnte "Vergleichsgebühr" sieht das seit 2004 gültige RVG ohnehin nicht mehr vor.) Die Erklärungen der Parteien stellen bloße Prozesshandlungen dar. Dadurch wird die Rechtshängigkeit der streitigen Ansprüche erledigt (Senat, Beschl. v. 25.1.2010 – 17 W 8/10, AGS 2010, 218). Die Parteien tun lediglich kund, dass sie an einer gerichtlichen Entscheidung kein Interesse mehr haben (Hartmann, KostG, 45. Aufl., Nr. 1000 VV Rn 27).
Erklären die Parteien den Rechtstreit allerdings in der Hauptsache für erledigt, ohne sich über die Kostenverteilung einigen zu können, die deshalb dem Gericht überlassen wird, fällt die Einigungsgebühr an (Senat, Beschl. v. 12.7.2010 – 17 W 136/10, AGS 2010, 218; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 22. Aufl., Nr. 1000 VV Rn 143; Riedel/Sußbauer/Schütz, RVG, 10. Aufl., Nr. 1000 VV Rn 45 ff., 49). Einigungsgegenstand ist in einem solchen Falle die gesamte Streitsache, da über sie keine Entscheidung mehr getroffen werden muss. Dass es noch einer (gerichtlichen) Kostenentscheidung bedarf, ändert an der Entstehung der Einigungsgebühr nichts. Hiernach unterliegt es keinen rechtlichen Bedenken, dass eine Einigungsgebühr entsprechend des Antrags der Klägerin angefallen ist.
2. Ebenso rechtsirrig ist die weitere Begründung des Rechtspflegers, der sich anlässlich seiner Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung voll inhaltlich der Argumentation des Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten angeschlossen hat, dahingehend, der Anfall der Einigungsgebühr scheitere des Weiteren daran, dass nach der Rspr. des BGH (Beschl. v. 28.3.2006 – VIII ZB 29/05, NJW 2006, 1523 [= AGS 2006, 403]) dafür wie bei der Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO die Schaffung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 ZPO durch Protokollierung erforderlich sei (§§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 f. ZPO).
Diese Rspr. hat der BGH bereits im Jahre 2008 ausdrücklich aufgegeben (BGH NJW 2009, 519 [= AGS 2009, 95]; 2011, 1680 [= AGS 2011, 257)). Es muss verwundern, dass der Rechtspfleger von dieser Rspr. trotz des Ablaufs vieler Jahre offensichtlich bisher keine Kenntnis genommen hat, auch wenn diese in jedem der Kommentare zum RVG nachzulesen ist (nur beispielhaft: Müller-Rabe, Nr. 1000 VV Rn 304; Riedel/Sußbauer/Schütz, Rn 84).
Mitgeteilt von RiOLG Ferdinand Schütz, Köln