FamGKG §§ 42 Abs. 1, 59; EstG § 10a Nr. 1
Leitsatz
- In einem Verfahren um die Verpflichtung zur Zustimmung des unterhaltsberechtigten Ehegatten zur Geltendmachung des begrenzten Realsplittings nach § 10a Nr. 1 EStG ist der Verfahrenswert nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers an der Abgabe der Zustimmung festzusetzen. Das Interesse bemisst sich bei ökonomischer Betrachtung nach der erwarteten Steuerersparnis des Antragstellers abzüglich der dem anderen Ehegatten auszugleichenden Nachteile.
- Verfahrenskostenhilfe kann auch für eine Verfahrenswertbeschwerde bewilligt werden.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.5.2017 – 2 WF 85/17
1 Sachverhalt
Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute.
Im zugrunde liegenden Verfahren machte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf Zustimmung zum einkommensteuerrechtlichen Sonderausgabenabzug des Ehegattenunterhalts für die Veranlagungszeiträume 2011 bis 2015 geltend. Der Antragsteller führte aus, dass er davon ausgehe, dass er unter Berücksichtigung seiner Einkünfte und seiner persönlichen Steuermerkmale sowie des geleisteten Unterhalts für die genannten Zeiträume eine Steuerersparnis von insgesamt 24.500,00 EUR bei Durchführung des begrenzten Realsplittings erlangen werde.
Nachdem die Antragsgegnerin im Laufe des Verfahrens die begehrten Zustimmungserklärungen abgegeben hatte, erklärten die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Das FamG setzte den Verfahrenswert auf 24.500,00 EUR fest.
Die Antragsgegnerin hat hiergegen Beschwerde erhoben und macht geltend, dass die Wertfestsetzung unzutreffend sei, da den zu erwartenden Steuervorteilen des Antragstellers bei Durchführung des begrenzten Realsplittings Steuernachteile der Antragsgegnerin gegenüberstünden, für die der Antragsteller ausgleichspflichtig sei. Diese Beträge seien bei der Wertfestsetzung von den Steuervorteilen in Abzug zu bringen, da das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers für das zugrunde liegende Verfahren nur in dem verbleibenden Saldo von Steuervorteilen und Steuernachteilen liege.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts bei der Geltendmachung des begrenzten Realsplittings bemisst sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen. Ausschlaggebend ist das Interesse des Antragstellers an der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting, sodass einerseits auf den steuerlichen Vorteil, der durch die Geltendmachung der Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG für den Antragsteller entstehen wird, abzustellen ist. Diesen Steuervorteil hat der Antragsteller anhand seiner Einkommensverhältnisse, den geleisteten Unterhaltsbeträgen und seiner persönlichen Steuermerkmale nachvollziehbar dargelegt, sodass dieser auch der Wertfestsetzung zugrunde zu legen ist. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Wertfestsetzung, die gem. § 34 FamGKG bereits bei Antragseingang hätte erfolgen müssen, insoweit auf der Grundlage einer Schätzung vorzunehmen. Die Wertfestsetzung kann nicht solange zurückgestellt werden, bis die endgültigen Steuerbescheide vorliegen. Allenfalls ergibt sich im Rahmen der Frist des § 55 FamGKG ein Anspruch auf spätere Abänderung der Wertfestsetzung, wenn sich herausstellt, dass die Schätzung der Steuerlasten erheblich von den tatsächlich festgesetzten Beträgen abweicht.
Neben der möglichen Steuerersparnis sind jedoch auch die steuerlichen Lasten bei Durchführung des begrenzten Realsplittings bei der Wertfestsetzung nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu berücksichtigen. Im Rahmen des § 42 Abs. 1 FamGKG ist eine wirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen (vgl. Thiel, in: Schneider, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rn 9163; Thiel, FUR 2010, 319; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.4.1994 – 3 WF 143/94, zitiert nach juris), sodass auch ein Abzug des Nachteilsausgleichs, den der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin bei Durchführung des Sonderausgabenabzugs zu erbringen hat, in die Berechnung mit einzubeziehen ist (vgl. Schneider, NZFam 2016, 472; Keske, im: Handbuch des Fachanwalts, Familienrecht, 10. Aufl., 17. Kapitel, Rn 73). Das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der begehrten Zustimmung zur Durchführung des begrenzten Realsplittings liegt nämlich letztlich nur in dem verbleibenden Saldo zwischen Steuervorteilen und Steuernachteilen.
Auf der Grundlage der zwischenzeitlich von der Antragsgegnerin vorgelegten Steuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013 sowie der auf dieser Basis erfolgten Schätzungen ihrer Steuernachteile für die Steuerjahre 2014 u. 2015 ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin insgesamt steuerliche Nachteile i.H.v. 7.028,80 EUR aufgrund der Durchführung des begrenzten Realsplittings für die Jahre 2011 bis 2015 zu verzeichnen hat, die vom Antragsteller ausgeglichen werden müssen. Der Saldo der Steuervorteile und Steuernachteile beläuft sich damit auf 17.474,00 EUR (24.500,00 EUR – 7.028,80 EUR), sodas...