Nach der derzeit herrschenden Auffassung in der obergerichtlichen Rspr. nimmt der nach § 68b StPO für die Dauer der Vernehmung beigeordnete Zeugenbeistand eine Einzeltätigkeit wahr und rechnet deshalb mit der Staatskasse eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4301 VV i.H.v. 220,00 EUR ab. Diese Vergütung wird auch als verfassungsrechtlich zumutbar angesehen.
Die Frage, wie der nach § 68b StPO beigeordnete Zeugenbeistand seine Tätigkeit abzurechnen hat, sollte nach dem Regierungsentwurf zum 2. KostRMoG in Vorbem. 4 Abs. 1 VV bereits zum 1.8.2013 klargestellt werden. Danach sollte die Tätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 1 VV abgerechnet und Vorbem. 4 Abs. 1 VV entsprechend gefasst werden:
Zitat
"(1) Für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Privatklägers, eines Nebenklägers, eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten, eines Verletzten, eines Zeugen oder Sachverständigen und für die Tätigkeit im Verfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz erhält der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger im Strafverfahren."
Der Bundesrat hatte diese Klarstellung in seiner Stellungnahme zum Entwurf des 2. KostRMoG jedoch abgelehnt, weil es nicht sachgerecht schien, für die begrenzte Tätigkeit des Zeugenbeistands die gleichen Gebühren anzusetzen wie für das Wirken als Verteidiger. Außerdem würden bei einer Gleichstellung mit dem Verteidiger im Strafverfahren Fehlanreize in Richtung gebührenrechtlich motivierter Zunahme von Anträgen auf anwaltlichen Zeugenbeistand gesetzt.
Die Bundesregierung hat dem in ihrer Gegenäußerung zugestimmt und die Auffassung des Bundesrats geteilt, dass die vorgeschlagene Änderung nicht in allen Fällen zu einem sachgerechten Ergebnis führt. Die in der Praxis aufgetretenen Fragen bei der Vergütung eines Zeugenbeistands in einem Strafverfahren sollten deshalb einer genaueren Überprüfung unterzogen und erst in einem späteren Gesetzgebungsvorhaben geklärt werden. Auch der Rechtsausschuss des Bundestags teilt die Bedenken des Bundesrats und hat sich dem Vorschlag der Bundesregierung angeschlossen, die Änderung zurückzustellen.
An dieser Rechtslage hat sich durch das KostRÄG 2021 nichts geändert. Im gemeinsamen Katalog von DAV und BRAK war für ein 3. KostRMoG zwar eine Ergänzung des § 48 RVG um einen Abs. 7 vorgesehen, der klarstellen sollte, dass sich die Beiordnung eines Zeugenbeistandes auf alle vorbereitenden und nachsorgenden Tätigkeiten erstrecken soll. Dieser Vorschlag ist jedoch vom Gesetzgeber im KostRÄG 2021 nicht umgesetzt worden. Vielmehr wurde die von Vorbem. 4 Abs. 1 VV (bis zum 31.12.2020) abweichende Formulierung in Vorbem. 5 Abs. 1 VV an die Formulierung der Vorbem. 4 Abs. 1 VV angepasst, weil es sachgerecht erschien, den Zeugenbeistand wie Rechtsanwälte zu vergüten, die keine Verteidiger sind und nur eine Einzeltätigkeit ausüben. Durch die Änderung von Vorbem. 5 Abs. 1 VV ist daher ein Argument weggefallen, das bisher als Beleg für die "richtige" Abrechnung des Zeugenbeistands im Strafverfahren nach Teil 4 Abschnitt 1 VV angeführt worden ist.
Die nunmehr erneut von BRAK und DAV vorgeschlagene Verbesserung der vergütungsrechtlichen Situation von beigeordneten Zeugenbeiständen sollte nunmehr endlich umgesetzt werden:
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Eine Verbesserung der vergütungsrechtlichen Situation des Zeugenbeistands ist auch deshalb angezeigt, weil diesem der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit dem Zeugen nur nach Erfüllung der in § 53 Abs. 3 RVG geregelten Voraussetzungen möglich ist. Danach kann ein Zeugenbeistand einen Anspruch aus einer Vergütungsvereinbarung nur geltend machen, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs auf seinen Antrag feststellt, dass der Zeuge zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung allein aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nicht erfüllt hätte. |
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Die für den Zeugenbeistand nicht auskömmliche Vergütungssituation sollte auch nicht über die Bewilligung einer Pauschvergütung gem. § 51 RVG aufgefangen werden, die der Justiz unnötigen Mehraufwand bereitet und noch dazu alles andere als erfolgversprechend ist. |
BRAK und DAV schlagen daher in erster Linie eine Ausweitung der Beiordnungsmöglichkeiten durch folgende Änderung des § 68b Abs. 2 S. 2 StPO vor:
Durch die Ausweitung der Beiordnung auf das Verfahren soll erreicht werden, dass der beigeordnete Zeugenbeistand wegen der Beschränkung seiner Beiordnung auf die Dauer der Vernehmung des Zeugen nicht nur eine Verfahrensgebühr für eine Einzeltätigkeit, sondern wie ein Verteidiger Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr erhält. Allerdings dürfte hierdurch nicht ausreichend sichergestellt sein, dass der Zeugenbeistand wie ein Verteidiger bezahlt wird. Denn auch hier kann es zu einem Vergleich des Tätigkeitsumfanges von Zeugenbeistand und Verteidiger und zu dem Schluss kommen, dass der Zeugenbeistand gegenüber einem Verteidiger weniger umfangreiche Tätigkeiten erbringt und sich deshalb mit der Gebüh...