I. Fragen
1. Ausgangsfall
Rechtsanwalt X ist dem bedürftigen Kläger, der zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt ist, für einen Zahlungsrechtsstreit vor dem LG Berlin über 20.000,00 EUR beigeordnet worden. Er erwirkt nach streitiger mündlicher Verhandlung ein der Klage stattgebendes Urteil, in dem dem Beklagten auch die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind.
Welche Gebühren und Auslagen sind Rechtsanwalt X für die Vertretung in diesem Rechtsstreit angefallen? Gegen wen kann er sie geltend machen?
2.1. Abwandlung
Rechtsanwalt X möchte die Kosten des Rechtsstreits aufgrund der Kostenentscheidung des LG Berlin gegen den Beklagten festsetzen lassen.
Welche Möglichkeiten stehen Rechtsanwalt X zur Verfügung?
3.2. Abwandlung
Welche Rechtsbehelfe stehen welchen Beteiligten zu?
II. Lösungen
1. Lösung zum Ausgangsfall
Rechtsanwalt X sind für die Vertretung des Klägers in dem Rechtsstreit folgende Gebühren und Auslagen angefallen. Dabei berechnen sich die Wahlanwaltsgebühren nach der Tabelle des § 13 RVG, wohingegen für die PKH-Anwaltsgebühren die Tabelle des § 49 RVG anwendbar ist. Daraus ergeben sich auch unterschiedliche Gebührenbeträge.
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Wahlanwalt |
PKH-Anwalt |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.068,60 EUR |
518,70 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
986,40 EUR |
487,80 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
394,25 EUR |
195,04 EUR |
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Gesamt |
2.469,25 EUR |
1.221,54 EUR |
I. PKH-Anwaltsvergütung
Die PKH-Anwaltsvergütung i.H.v. 1.221,54 EUR steht Rechtsanwalt X infolge seiner Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) nach § 45 Abs. 1 RVG gegen die Staatskasse zu. Die Vergütung wird gem. § 55 Abs. 1 S. 1 RVG auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG) des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt.
II. Wahlanwalts-Vergütung
Aufgrund des mit dem Kläger geschlossenen Anwaltsdienstvertrags hat Rechtsanwalt X gegen den Kläger einen Anspruch auf die gesetzliche Vergütung. Weil Rechtsanwalt X dem Kläger im Wege der PKH beigeordnet worden ist, kann dieser seinen Anspruch gegen den Kläger gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO jedoch nicht geltend machen.
2. Lösung zur 1. Abwandlung
Rechtsanwalt X stehen aufgrund der zugunsten des Klägers ergangenen Kostenentscheidung des LG Berlin folgende Möglichkeiten zur Verfügung, die Kosten des Rechtsstreits gegen den Beklagten festsetzen zu lassen.
I. Kostenfestsetzungsantrag im Namen des Klägers
Rechtsanwalt X kann aufgrund seiner Prozessvollmacht für den Kläger einen Antrag auf Festsetzung der Kosten des Rechtsstreits gem. § 103 Abs. 2 ZPO stellen. Der Rechtspfleger des Gerichts des ersten Rechtszuges setzt dann die Wahlanwaltskosten i.H.v. 2.469,25 EUR zugunsten des Klägers gegen den Beklagten fest. Gläubiger des Kostenerstattungsanspruchs ist folglich der Kläger.
Aufgrund der mit der Prozessvollmacht erteilten Geldempfangsvollmacht (s. § 81 ZPO a.E.) kann Rechtsanwalt X den von dem Beklagten geschuldeten Erstattungsbetrag für den Kläger einziehen. Evtl. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen betreibt Rechtsanwalt X im Namen des Klägers. Hierfür kann dem Kläger wiederum PKH bewilligt werden.
Der Beklagte ist nicht gehindert, gegen dem Kostenerstattungsanspruch des Klägers mit einer Gegenforderung aus einem anderen Rechtsverhältnis aufzurechnen, was dann zum Erlöschen beider Forderungen führt.
II. Kostenfestsetzungsantrag im eigenen Namen des Rechtsanwalts
Rechtsanwalt X kann den Kostenerstattungsanspruch des Klägers im Wege der Prozessstandschaft gem. § 126 Abs. 1 ZPO auch im eigenen Namen geltend machen. Der Rechtspfleger des Gerichts des ersten Rechtszuges erlässt dann einen Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem als Beteiligte Rechtsanwalt X als Erstattungsberechtigter auf der einen Seite und der Beklagte als Erstattungspflichtiger auf der anderen Seite aufzuführen sind. Diese Verfahrensweise hat für Rechtsanwalt X den Vorteil, dass er den Erstattungsbetrag von dem Beklagten für sich selbst einzieht und damit sein Vergütungsanspruch gegen den Kläger erlischt. Evtl. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Beklagten muss Rechtsanwalt X jedoch im eigenen Namen und auf eigene Kosten betreiben.
Ein entscheidender Vorteil der Kostenfestsetzung nach § 126 Abs. 1 ZPO ist es, dass der Beklagte gem. § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO mit Einwendungen aus der Person des Klägers ausgeschlossen ist und seine Aufrechnungsmöglichkeit durch § 126 Abs. 2 S. 2 ZPO auf Kosten aus demselben Rechtsstreit beschränkt ist. Die Aufrechnung mit anderen Forderungen ist für den Beklagten somit ausgeschlossen.
1. Antrag auf Festsetzung der gesamten Wahlanwaltskosten
Rechtsanwalt X kann im eigenen Namen die Festsetzung der gesamten Wahlanwaltskosten i.H.v. 2.469,25 EUR gegen den Beklagten beantragen. Damit trägt Rechtsanwalt aber auch das Risiko, den im Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 126 ZPO gegen den Beklagten titulierten Erstattungsanspruch realisieren zu können.
2. Antrag auf Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung gegen die Staatskasse und Antrag auf Festsetzung der Differenz gegen den Beklagten
a) PKH-Anwaltsvergütung
Rechtsanwalt X kann das wirtschaftliche Risiko dadurch vermindern, dass er beim UdG des Gerichts des ersten Rechtszugs die Festsetzung der PKH-Anwaltsvergütung gem. § 55 Abs. 1 RVG i.H.v. 1.221,54 EUR beantragt. Ein Risiko, diesen berechtigten Anspruch gegen die Staatskasse nicht durchsetzen zu können, best...