§ 5 RVG; §§ 103 ff. ZPO

Leitsatz

Der Hauptbevollmächtigte kann im Kostenfestsetzungsverfahren auch dann eine eigene Terminsgebühr abrechnen, wenn der Verhandlungstermin von einem Unter- oder Terminsbevollmächtigten wahrgenommen wurde und diesbezüglich keine Mehrkosten geltend gemacht werden. Der Vorlage einer Kostenrechnung des Unterbevollmächtigten bedarf es nicht.

OLG Bamberg, Beschl. v. 29.9.2022 – 1 W 43/22

I. Sachverhalt

Zur Wahrnehmung des auswärtigen Verhandlungstermins hatten die Prozessbevollmächtigten des Klägers im eigenen Namen einen Terminsvertreter beauftragt, der für diese den Termin wahrgenommen hat.

Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragte der Kläger sodann die Festsetzung sowohl einer Verfahrensgebühr als auch einer Terminsgebühr. Das LG hat moniert, dass keine Rechnung des Terminsvertreters vorgelegt worden sei. Daher sei der Ansatz der Terminsgebühr nicht glaubhaft gemacht.

Der Kläger führte aus, dass eine Rechnung nicht erforderlich sei, da lediglich die Termingsgebühr geltend gemacht werde und keine Mehrkosten. Insoweit gelte § 5 RVG. Einer weiteren Glaubhaftmachung bedürfe es nicht. Das LG hat sich dennoch geweigert, die Terminsgebühr festzusetzen und den Antrag zurückgewiesen. Der Kläger hat daraufhin sofortige Beschwerde erhoben, der der Rechtspfleger des LG nicht abgeholfen hat. Das OLG hat antragsgemäß festgesetzt.

II. Terminsvertreter ist Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten

Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses i.H.d. bislang nicht festgesetzten 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV.

Die Terminsgebühr ist im vorliegenden Fall durch die Tätigkeit des Terminsvertreters als Erfüllungsgehilfe der Prozessbevollmächtigten gemäß § 5 RVG angefallen und nach § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO in voller Höhe erstattungsfähig. Auf die Höhe der zwischen den Rechtsanwälten vereinbarten Vergütung kommt es nicht an, weshalb auch die Vorlage einer entsprechenden Kostennote entbehrlich war.

Die Beklagtenvertreter haben unwidersprochen vorgetragen, dass die Terminsvertreter als deren Erfüllungsgehilfen gehandelt und die Terminsgebühr für diese verdient haben. Die Beklagte hat auch folgerichtig die Erstattung einer Gebühr nach Nr. 3104 VV und nicht nach Nr. 3402 VV verlangt. Dass der jeweilige Terminsvertreter ausschließlich für die Hauptbevollmächtigten tätig geworden ist, wurde auch vom LG im Rahmen der angegriffenen Entscheidung nicht infrage gestellt.

Erteilt der Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen einem Terminsvertreter den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Gebühr für diesen. Zwischen der Partei und dem Terminsvertreter wird kein Vertragsverhältnis begründet. Die Entschädigungspflicht richtet sich vielmehr nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten, der für die Ansprüche des Terminsvertreters in diesem Fall auch einzustehen hat (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.7.2017 – 8 W 321/15, Rn 6, zustimmend hierzu Mayer, NJW 2017, 3426, 3428; OLG Naumburg, Beschl. v. 28.9.2021 – 2 W 40/21, Rn 8; BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 122/98, Rn 24, AGS 2001, 51 = BRAGOreport 2001, 26 [Hansens]; OLG Köln, Beschl. v. 5.8.2021 – 17 W 201/19, Rn 6). Dies verstößt auch nicht gegen das Verbot der Gebührenunterschreitung (vgl. BGH, a.a.O., Rn 25; HK-RVG/Hans Klees, 8. Aufl., 2021, RVG § 5 Rn 22).

III. Innenverhältnis ist irrelevant

Ausgehend hiervon kommt es vorliegend auf die Höhe der zwischen den Rechtsanwälten vereinbarten Vergütung nicht an, da diese nur das Innenverhältnis der beteiligten Rechtsanwälte betrifft (vgl. auch LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 25.9.2015 – 11 T 5317/17). Insoweit wäre es sogar zulässig gewesen, wenn die Terminsvertreter unentgeltlich für die Hauptbevollmächtigten tätig geworden wären (vgl. Schneider, AGS 2018, 489, 491; OLG Stuttgart, a.a.O., Rn 5). Der Vorteil dieses Vorgehens wird darin gesehen, dass der Hauptbevollmächtigte sämtliche Gebühren einschließlich der Terminsgebühr verdient, da bei Tätigwerden eines anderen Anwalts als Terminsvertreter der vertretene Anwalt nach § 5 RVG den Vergütungsanspruch erwirbt und nicht etwa der Terminsvertreter (vgl. Schneider, a.a.O.; HK-RVG/Hans Klees, a.a.O.; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., 2021, Nr. 3402 Rn 5). Hierdurch verzichtet der Prozessbevollmächtigte keinesfalls gegenüber der Mandantschaft auf die ihm zustehende und durch den Terminsvertreter für ihn verdiente gesetzliche Vergütung nach dem RVG und begünstigt hierdurch ebenso wenig den erstattungspflichtigen Prozessgegner (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Rn 5).

IV. Terminsgebühr ist erstattungsfähig

Liegen also – wie im vorliegenden Fall – die Voraussetzungen des § 5 RVG vor, dann erhält der Anwalt die volle Vergütung, die er auch erhalten würde, wenn er die entsprechende Tätigkeit selbst ausgeführt hätte (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Rn 3) und behält damit seinen eigenen Vergütungsanspruch nach Nr. 3104 VV. Die im vorliegenden Fall von der Beklagten geltend gemachte Termi...

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