Ist VKH auch für den Mehrvergleich bewilligt, erhält der beigeordnete Anwalt wegen § 48 Abs. 1 S. 2 RVG aus der Staatskasse sämtliche Gebühren erstattet, die für den Abschluss des Vergleichs anfallen. Die Regelung wurde durch das KostRÄG 2021 zum 1.1.2021 eingeführt. Damit sollte die in der Rspr. strittige Frage des Umfangs des gegen die Staatskasse bestehenden Vergütungsanspruchs geklärt werden. Die Erstattung ist folglich nicht auf die Einigungsgebühr beschränkt, sondern umfasst in jedem Fall auch die Differenzverfahrens- und die Terminsgebühr. Der Gesetzgeber ist damit der Rspr. des BGH gefolgt, der zuletzt ebenfalls sämtliche Gebühren als erstattungspflichtig angesehen hat.
Im Fall der VKH-Bewilligung für einen Mehrvergleich ist zudem Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1003 VV zu beachten, die auf § 48 Abs. 1 RVG verweist. Auch diese Regelung wurde durch das KostRÄG 2021 zum 1.1.2021 geändert, nachdem dort bis dahin nur auf § 48 Abs. 3 RVG verwiesen wurde. Mit dieser Änderung sollte sichergestellt werden, dass der beigeordnete Anwalt auch dann eine 1,5-Einigungsgebühr aus der Staatskasse erhält, wenn VKH lediglich für den Vergleich bewilligt wurde.
Beispiel 2
In einer Kindesunterhaltssache wird VKH bewilligt und der Anwalt beigeordnet. Die Beteiligten schließen in der mündlichen Verhandlung einen Vergleich, mit welchem sowohl der anhängige Kindesunterhalt und sogleich der nichtanhängige Trennungsunterhalt geregelt werden. Der Verfahrenswert beträgt 8.000,00 EUR und der Vergleichswert 18.000,00 EUR (Kindesunterhalt: 8.000,00 EUR und Trennungsunterhalt: 10.000,00 EUR). VKH wird auch für den Mehrvergleich bewilligt.
Der beigeordnete Anwalt erhält aus der Staatskasse:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
412,10 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 VV |
271,20 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG |
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499,20 EUR |
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nicht mehr als |
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1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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(Wert: 18.000,00 EUR) |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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460,80 EUR |
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(Wert: 18.000,00 EUR) |
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4. |
1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1003 VV |
317,00 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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5. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV |
508,50 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG |
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576,00 EUR |
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nicht mehr als |
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1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV |
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(Wert: 18.000,00 EUR) |
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6. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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295,64 EUR |
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Gesamt |
1.851,64 EUR |
Wird der Mehrvergleich, für den VKH bewilligt wurde, in einem Rechtsmittelverfahren abgeschlossen, fällt für die anhängigen Ansprüche eine 1,3-Einigungsgebühr nach Nr. 1004 VV an und für die nicht anhängigen Ansprüche eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV, höchstens aber eine 1,5-Einigungsgebühr nach dem Gesamtwert (§ 15 Abs. 3 RVG). Zudem fällt in der Beschwerdeinstanz eine 1,1-Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3201 VV an.
Beispiel 3
In einem Beschwerdeverfahren wegen einer Güterrechtssache wird VKH bewilligt und der Anwalt beigeordnet. Die Beteiligten schließen vor dem OLG in der mündlichen Verhandlung einen Vergleich. In dem Vergleich werden die anhängigen Ansprüche von 20.000,00 EUR und ein weiterer nicht anhängiger Anspruch von 8.000,00 EUR verglichen. Der Verfahrenswert wird auf 20.000,00 EUR und der Vergleichswert auf 28.000,00 EUR festgesetzt.
Der beigeordnete Anwalt erhält aus der Staatskasse:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
638,40 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
1,1-Verfahrensgebühr, Nr. 3201 VV |
348,70 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG |
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724,80 EUR |
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nicht mehr als |
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1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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(Wert: 28.000,00 EUR) |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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543,60 EUR |
|
(Wert: 28.000,00 EUR) |
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4. |
1,3-Einigungsgebühr, Nr. 1004 VV |
518,70 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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5. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV |
475,50 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG |
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679,00 EUR |
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nicht mehr als |
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1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV |
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|
(Wert: 28.000,00 EUR) |
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6. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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373,81 EUR |
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Gesamt |
2.341,21 EUR |
Auch in den Fällen, in denen im VKH-Bewilligungsverfahren ein Vergleich geschlossen wird, sind aus der Staatskasse sämtliche Gebühren zu erstatten, die wegen des Vergleichsabschlusses entstanden sind (§ 48 Abs. 1 S. 2 RVG). Es sind folglich auch hier neben der Einigungsgebühr die Verfahrens- und die Terminsgebühr aus der Staatskasse zu erstatten.
Beispiel 4
In einer Güterrechtssache wegen Zahlung von 30.000,00 EUR wird VKH beantragt. Es wird zunächst ein VKH-Bewilligungsverfahren durchgeführt und dort auch ein Erörterungstermin anberaumt. In dem Erörterungstermin wird ein Vergleich geschlossen, mit dem die Ansprüche, für die VKH beantragt wurde, erledigt werden. Das Gericht bewilligt für den im VKH-Bewilligungsverfahren abgeschlossenen Vergleich VKH und ordnet den Anwalt bei.
Der beigeordnete Anwalt erhält aus der Staatskasse:
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3335 VV |
453,00 EUR |
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(Wert:... |