Begründet von Dr. Wilhelm Gerold und Dr. Herbert Schmidt. Bearbeitet von Wolfgang Madert, Dr. Steffen Müller-Rabe, Dr. Hans-Jochem Mayer und Detlef Burhoff. 19. Aufl. 2010. Verlag C. H. Beck, München. XXIV, 1845 S. 98,00 EUR.

Im Gegensatz zu anderen Kommentaren ist der Gerold/Schmidt nicht sogleich mit Inkrafttreten des FGG-ReformG erschienen, sondern zeitlich versetzt. Er hatte damit die Möglichkeit, sämtliche Änderungen des Gesetzes in ihrer endgültigen Fassung zu berücksichtigen, was bei anderen Kommentaren leider nicht immer der Fall ist.

Auch der neue § 15a RVG konnte berücksichtigt werden. Hier konnte schon die erste Rechtsprechung des BGH, nämlich die des II. Senats, der § 15a RVG auch als erster Senat in Altfällen angewandt hat und dem bislang sämtliche Senate gefolgt sind, veröffentlicht werden. Der II. Senat hatte seiner in der Entscheidung vom 25.8.2009 mit der fehlerhaften Rechtsprechung des VIII. Senats aufgeräumt.

Das Werk hat in der 19. Aufl. an Umfang nochmals zugelegt. Insbesondere die sich aus dem FGG-ReformG ergebenden Änderungen werden dargestellt. So hat Müller-Rabe jetzt auch seine Auffassung geändert, dass Beschwerden gegen Entscheidungen in einstweiligen Anordnungsverfahren nicht weiterhin nach den Nrn. 3500 ff. VV zu vergüten sind, sondern nach den Nr. 3200 ff. VV.

Brillant ist die Kommentierung von Müller-Rabe zu den Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV. In einer konkurrenzlos umfassenden, aber dennoch klar strukturierten Darstellung schafft er es, diese für die Praxis eminent wichtigen Vorschriften darzustellen und für alle Gerichtsbarkeiten jeden Einzelfall zu kommentieren.

Leider vertritt der Verfasser nach wie vor die Auffassung, dass eine Terminsgebühr im schriftlichen Verfahren nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV in familienrechtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen eine Erörterung im Gesetz vorgeschrieben ist, nicht anfalle. Er hält nach wie vor am Wortlaut "Verhandlung" fest und lässt eine obligatorische "Erörterung" nicht ausreichen. Zwischenzeitlich hat das OLG Stuttgart ausdrücklich gegen den Kommentator anders entschieden (zur Veröffentlichung vorgesehen in AGS 2010 Heft 12). Es ist zu hoffen, dass der Kommentator seine Auffassung noch einmal überdenkt. Andererseits weist Müller-Rabe zu Recht darauf hin, dass eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV (Besprechung zur Erledigung oder Vermeidung des Verfahrens) kein Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung vorsieht, wie das der BGH in Ansätzen vertritt. Hier ist das OLG München (AGS 1010, 420) zwischenzeitlich dem Verfasser gefolgt und hat die Sache erneut dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

Besonders hervorzuheben ist auch die Kommentierung der zwangsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften. Dieser Teil stammt ebenfalls von Müller-Rabe. Auch hier findet sich eine einzigartige Kasuistik, in der der Nutzer jeden Fall findet. Dabei beschränkt sich der Kommentator nicht darauf, Entscheidungen und andere Auffassungen zu rezitieren, sondern lässt stets eigene Gedanken einfließen. So ist z.B. seine Auffassung überzeugend, dass entgegen der Rspr. (AG Düsseldorf JurBüro 1985, 723; AG Koblenz AGS 2008, 29) für eine Drittschuldnerauskunft nicht eine Gebühr nach Nr. 3309 VV anfällt, sondern eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV.

Exzellent ist auch nach wie vor die ausführliche Kommentierung zu den Straf- und Bußgeldsachen von Burhoff, insbesondere zu den in der Praxis bedeutsamen zusätzlichen Gebühren nach Nrn. 5115 und 4141 VV. Aber auch die anderen Kommentierungen stehen dieser hohen Qualität in nichts nach.

Beibehalten worden sind die Anhänge zu Arbeitsgerichtsverfahren, einstweiligem Rechtsschutz, selbständigem Beweisverfahren und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das FamGKG ist ebenfalls mit abgedruckt. Darüber hinaus ist dem Werk ein über 100 Seiten umfassendes Streitwert-ABC beigefügt, das übergreifend die Streitwerte in sämtlichen Gerichtsbarkeiten behandelt. Auch wenn dies kein originäres RVG-Thema ist, gehört es doch in einen solchen Kommentar, denn die besten Gebühren nutzen bekanntlich nichts, wenn der Streitwert nicht stimmt.

Norbert Schneider

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