Leitsatz
Der Gegenstandswert eines Zwangsgeldverfahrens richtet sich nach dem Wert des durchzusetzenden Anspruchs und nicht nach der Höhe des Zwangsgelds.
VG Würzburg, Beschl. v. 16.9.2014 – W 1 V 13.1257
1 Aus den Gründen
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 23 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG ist in Verfahren, in denen Kosten nach dem GKG erhoben werden, die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Im Verfahren der Vollstreckung nach § 172 VwGO sieht Nr. 5301 GKG-KostVerz. eine Festgebühr von 15,00 EUR vor. Der Gegenstandswert ist daher nach den Wertvorschriften des GKG zu berechnen. Maßgeblich ist daher die Wertvorschrift des § 52 Abs. 1 GKG.
Es kann dahinstehen, ob Abschnitt 1 Nr. 1.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit überhaupt das Vollstreckungsverfahren nach §§ 167 f. VwGO betrifft oder sich nur auf die eigentliche Verwaltungsvollstreckung bezieht. Selbst wenn sich dieser Bestimmung des Streitwertkatalogs entnehmen ließe, dass für Anträge auf Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Behörde nach Maßgabe von § 172 VwGO lediglich ein Viertel des für das vorangegangene Erkenntnisverfahren maßgebenden Streitwertes festzusetzen sei, wäre dem nicht zu folgen. Zutreffend ist, als Streitwert für das Verfahren nach § 172 VwGO den Streitwert anzusetzen, der im Erkenntnisverfahren festzusetzen ist; denn maßgeblich ist nach § 52 Abs. 1 GKG das Interesse des Vollstreckungsgläubigers an der Durchsetzung des im Erkenntnisverfahren festgestellten materiellen Anspruchs. Das Interesse an der Durchsetzung dieses Anspruchs ist aber nicht minder groß als das Interesse an seiner Feststellung im Erkenntnisverfahren (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 12.7.2000 – 13 S 352/00 m.w.Nachw.). Entsprechendes gilt für die Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 23 Abs. 1 S. 2 RVG.
Unerheblich für die Streitwert- bzw. Gegenstandswertfestsetzung in Verfahren nach § 172 VwGO ist demgegenüber die Höhe des anzudrohenden oder festzusetzenden Zwangsgeldes. Dieses ist Zwangsmittel, nicht aber das eigentliche Ziel des Vollstreckungsverfahrens; seine Höhe entspricht nicht der Bedeutung des Vollstreckungsverfahrens für den Vollstreckungsgläubiger (VGH Baden-Württemberg a.a.O. m.w.Nachw.).
2 Anmerkung
Das FamG hat wie folgt festgesetzt:
Wert des Verfahrens (abgerundete Hälfte des verlangten Betrags) |
1.310,00 EUR |
Mehrwert des Vergleichs |
1.332,00 EUR |
Ausgehend hiervon ergab sich folgende Vergütung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 1.310,00 EUR) |
149,50 EUR |
2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV (Wert: 1.332,00 EUR) |
92,00 EUR |
|
gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,3 aus 2.642,00 EUR |
261,30 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 2.642,00 EUR) |
241,20 EUR |
5. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV (Wert: 1.310,00 EUR) |
115,00 -EUR |
6. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV (Wert: 1.332,00 EUR) |
172,50 EUR |
|
gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 2.642,00 EUR |
301,50 EUR |
7. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
824,00 EUR |
8. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
156,56 EUR |
|
Gesamt |
980,56 EUR |
Das OLG hat auf die Beschwerde hin dagegen wie folgt festgesetzt:
Wert des Verfahrens (voller Betrag) |
2.621,70 EUR |
Mehrwert des Vergleichs
künftige Beträge (April 2014 bis März 2015)
12 x 597,00 EUR |
7.164,00 EUR |
fällige Beträge (November 2013 bis März 2014)
5 x 597,00 EUR |
2.985,00 EUR |
|
10.149,00 EUR |
Dies führte zu folgender Berechnung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 2.621,70 EUR) |
|
261,30 EUR |
2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV (Wert: 10.149,00 EUR) |
|
483,20 EUR |
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die Grenze des gem. § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 12.770,70 EUR = 785,20 ist nicht überschritten |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 12.770,70 EUR) |
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724,80 EUR |
5. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV (Wert: 2.621,70 EUR) |
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201,00 EUR |
6. |
1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV (Wert: 10.149,00 EUR) |
|
906,00 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,5 aus 12.770,70 EUR |
|
906,00 EUR |
7. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
2.395,30 EUR |
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8. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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455,11 EUR |
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Gesamt |
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2.850,41 EUR |
Die zutreffende Beschwerde gegen die unzutreffende Wertfestsetzung des FamG hat dem Anwalt also eine Mehrvergütung i.H.v. (2.850,41 EUR – 980,56 EUR =) 1.869,85 EUR gebracht.
Dies verdeutlicht wieder einmal wie wichtig es ist, die gerichtlich festgesetzten Verfahrenswerte zu überprüfen und sich gegen fehlerhafte Wertfestsetzungen zur Wehr zu seten.
Norbert Schneider
AGS 11/2014, S. 519 - 521