Leitsatz
Die Vergütung des Patentanwalts für die Vertretung einer Partei oder die Mitwirkung bei der Vertretung einer Partei im gerichtlichen Verfahren kann nicht nach § 11 RVG gegen den Auftraggeber festgesetzt werden.
BGH, Beschl. v. 25.8.2015 – X ZB 5/14
1 Sachverhalt
Der Antragsteller wirkte für die Antragsgegnerin als Patentanwalt an einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit, in dem die Antragsgegnerin wegen Verletzung eines europäischen Patents auf Unterlassung in Anspruch genommen wurde. Die Parteien des Verfügungsverfahrens schlossen einen Vergleich, in dem die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben wurden.
Der Antragsteller hat einen Antrag auf Festsetzung der Vergütung für seine Mitwirkung nach § 11 RVG gestellt, den das LG zurückgewiesen hat. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Festsetzungsantrag weiter.
2 Aus den Gründen
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Antragsteller könne keine Festsetzung nach § 11 RVG begehren, weil nach dem Wortlaut der Norm der Antrag eines Rechtsanwalts erforderlich sei; ein Patentanwalt sei kein Rechtsanwalt i.S.d. Vorschrift. Zudem erlaube § 11 RVG nur, eine gesetzlich bestimmte Vergütung festzusetzen. Da die Vergütung, die ein Patentanwalt für seine Mitwirkung in Rechtsstreitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten verlangen könne, anders als die Vergütung eines Rechtsanwalts nicht gesetzlich geregelt sei, fehle es auch an dieser weiteren Voraussetzung.
Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Patentanwälte sei nicht möglich. Die Beschränkung des § 11 RVG auf die Festsetzung und damit vereinfachte Titulierung einer durch Gesetz festgelegten Vergütung finde ihren Grund darin, dass die dem Rechtsanwalt nach dem RVG geschuldete Vergütung ohne besondere Schwierigkeiten im Festsetzungsverfahren durch den Rechtspfleger ermittelt werden könne. Selbst wenn der Vergütung des Patentanwalts das Vergütungsverzeichnis des RVG oder die von der Patentanwaltskammer herausgegebene Gebührenordnung für Patentanwälte zugrunde gelegt werde, sei eine Festsetzung nach § 11 RVG nicht möglich. Denn die Festsetzung der Vergütung durch den Patentanwalt auf diese Weise müsse in jedem Fall darauf geprüft werden, ob sie nach §§ 315 Abs. 1, 316 BGB der Billigkeit entspreche. Diese Überprüfung vorzunehmen, sei mit dem Sinn und Zweck des vereinfachten Festsetzungsverfahrens nach § 11 RVG nicht vereinbar.
Auch § 143 Abs. 3 PatG rechtfertige keine abweichende Entscheidung, da diese Vorschrift nur die Frage betreffe, welche Kosten der Mandant des Patentanwalts von seinem Gegner im Rechtsstreit als Rechtsverteidigungskosten ersetzt verlangen könne.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zutreffend entschieden, dass die Vergütung des Antragstellers für seine Mitwirkung am gerichtlichen Verfahren als Patentanwalt nicht nach § 11 RVG festgesetzt werden kann.
a) Ob ein Patentanwalt nach § 11 RVG die Festsetzung seiner Vergütung gegen seinen Auftraggeber verlangen kann, ist in Rspr. u. Lit. umstritten.
(1) Nach einer Auffassung ist das in § 11 RVG vorgesehene Festsetzungsverfahren auch für den Patentanwalt eröffnet (BPatG [1. Senat], GRUR 2002, 732, zu § 19 BRAGO; Benkard/Rogge/Grabinski, 10. Aufl., § 143 PatG Rn 19; Ingerl/Rohnke, 3. Aufl., § 140 MarkenG Rn 55; Ströbele/Hacker, 11. Aufl., § 140 MarkenG Rn 58; Hartmann, KostG, 45. Aufl., § 11 RVG Rn 22, sofern der Patentanwalt nach dem RVG abrechnet; Kurtz, Mitt. 2009, 507 ff.).
Die gegenteilige Auffassung benachteilige den Patentanwalt gegenüber dem Rechtsanwalt und sei nach Aufhebung der Erstattungsbeschränkungen in § 140 Abs. 5 MarkenG a.F. u. § 143 Abs. 5 PatG a.F., wonach Patentanwaltskosten vom Prozessgegner nur bis zur Höhe einer vollen Gebühr nach § 11 BRAGO und in Höhe der notwendigen Auslagen zu erstatten waren, nicht mehr sachgerecht (Ingerl/Rohnke, a.a.O.; Kurtz, Mitt. 2009, 507, 508). Zwar fehle es für den Patentanwalt an einer gesetzlichen Regelung, die die Vergütung der Höhe nach festlege, wie dies für Rechtsanwälte mangels anderweitiger Vereinbarung der Fall sei. Die dem Patentanwalt geschuldete Vergütung lasse sich aber in gleicher Weise einfach ermitteln, so dass ihm die Möglichkeit des Festsetzungsantrags zuzubilligen sei. Die Gebührensätze der Rechtsanwaltsgebührenordnung seien als Billigkeitsmaßstab für die Berechnung der Vergütung der patentanwaltlichen Tätigkeit jedenfalls im Patentnichtigkeitsverfahren heranzuziehen. Sofern der Patentanwalt sein ihm nach § 315 BGB zustehendes Leistungsbestimmungsrecht nach Maßgabe dieser Gebührensätze ausübe, sei die Gebührenberechnung nicht aufwendiger als die Berechnung der Rechtsanwaltsvergütung. Im Hinblick auf die gebührenrechtliche Gleichberechtigung von Rechts- und Patentanwälten, die in § 140 Abs. 3 MarkenG und § 143 Abs. 3 PatG zum Ausdruck komme, ...