Leitsatz
- Wird gegen einen Teilbeschluss über einen Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Beschwerde zum OLG erhoben, so erhalten die beteiligten Anwälte für das Beschwerdeverfahren die Gebühren eines Berufungsverfahrens, da es sich auch insoweit um eine Beschwerde gegen eine Endentscheidung wegen des Hauptgegenstands handelt.
- Die Abwesenheitszeit wird gerechnet vom Verlassen der Kanzlei bis zum Wiederbetreten.
- Der Rechtsanwalt darf zwar die Reise nicht unnötig in die Länge ziehen, er darf aber für die Hinfahrt ein Polster einplanen, um auch bei etwaigen Verzögerungen, z.B. Stau, rechtzeitig beim Termin zu erscheinen.
OLG München, Beschl. v. 30.8.2016 – 11 WF 885/16
1 Sachverhalt
Der Antragsteller hatte die Scheidung der Ehe beantragt. Die Antragsgegnerin hatte daraufhin einen Stufenantrag auf Auskunft und Zahlung von Zugewinnausgleich eingereicht. Hierauf hat der Antragsteller einen isolierten Widerantrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. § 259 Abs. 2 BGB über die von der Ehefrau erteilten Auskünfte zum Zugewinn gestellt. Das FamG hat den Widerantrag durch Teilbeschluss zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde zum OLG erhoben, die in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt.
Die Antragsgegnerin hat hiernach beantragt, die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen den Antragsteller festzusetzen und zwar in Höhe einer 1,6-Verfahrensgebühr (Vorbem. 3.2.1 Nr. 2a) VV) sowie einer 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV nebst Reisekosten mit einem Tage- und Abwesenheitsgeld i.H.v. 40,00 EUR für eine Abwesenheit von 4 bis 8 Stunden (Nr. 7005 Nr. 2 VV). Hierzu hat sie vorgetragen, ihre Anwältin habe für die Strecke (Traunstein – München und zurück einschließlich des Termins) mehr als vier Stunden benötigt.
Der Antragsteller war der Auffassung, hier seien lediglich die 0,5-Gebühren nach Nrn. 3500, 3513 VV anzusetzen, da sich die Beschwerde nur gegen eine Zwischenentscheidung gerichtet habe. Abgesehen davon sei der zugrunde gelegte Gegenstandswert von 20.000,00 EUR unzutreffend. Der Rechtspfleger ist der Auffassung gefolgt, dass nur die 0,5-Gebühren der Nrn. 3500, 3513 VV abzurechnen seien und hat diese aus dem Wert von 20.000,00 EUR festgesetzt.
Zudem war der Rechtspfleger der Auffassung, die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hätte die Entfernung von Traunstein bis zum OLG München und zurück auch in 3 Stunden 54 Minuten bewältigen können. Daher sei das Abwesenheitsgeld auf 25,00 EUR zu kürzen (Nr. 7005 Nr. 1 VV).
Der hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Rechtspfleger nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt. Das OLG hat dem Festsetzungsantrag stattgegeben.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig nach §§ 85 FamFG, 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache in vollem Umfang Erfolg.
Nach Vorbem. 3.2.1 VV ist der Unterabschnitt über die Berufung auch anzuwenden in Verfahren über Beschwerden gegen die Endentscheidung wegen des Hauptgegenstands in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Nr. 2b). Nrn. 3200 ff. VV sind demnach auch anwendbar bei allen Familiensachen i.S.v. § 111 FamFG, also auch in Ehe- und Familienstreitsachen; die Beschwerde muss sich gegen eine Endentscheidung wegen des Hauptgegenstands richten, so dass z.B. nicht Beschwerden wegen Kostenentscheidungen, Richterablehnung, versagter Prozesskostenhilfe oder Aussetzung des Verfahrens erfasst sind (s. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., Vorbem. 3.2.1 Rn 25, 28). Zu den Familiensachen gehören nach § 111 Nr. 9 FamFG die Güterrechtssachen. Nach § 58 FamFG findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der AG die Beschwerde statt. Eine Endentscheidung ist nach der gesetzlichen Definition in § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG eine Entscheidung, durch die der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird; in der Regel ist das die für diesen Verfahrensgegenstand instanzbeendende Entscheidung (s. Zöller-Feskorn, a.a.O., § 38 FamFG Rn 3).
Ausgehend von diesen Überlegungen sind bei der vorliegenden Fallgestaltung eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV und eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV angefallen. Die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Festsetzung einer 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV und einer 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3513 VV entspricht nicht der Sach- und Rechtslage.
a) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war der Teilbeschluss des AG, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben zu ihrem Endvermögen an Eides statt zu versichern, zurückgewiesen wurde.
Der Teilbeschluss erledigte den Antrag und stellt eine instanzbeendende Entscheidung über diesen Antrag dar. Die dagegen gerichtete Beschwerde, die der Antragsteller im Termin zurückgenommen hat, löste eine 1,6-Verfahrensgebühr und eine 1,2-Terminsgebühr aus, die der Antragsgegne...