Leitsatz
- Nach einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht wird die bereits entstandene Verfahrensgebühr dann nicht auf die Verfahrensgebühr für das erneute Berufungsverfahren angerechnet, wenn die Partei sich von einem anderen Anwalt vertreten lässt.
- Hatte sich die Partei im ersten Berufungsverfahren von einer Sozietät vertreten lassen und lässt sie sich im zweiten Berufungsverfahren aufgrund eines neuen Anwaltsvertrages von einem Einzelanwalt vertreten, findet eine Anrechnung der Verfahrensgebühr auch dann nicht statt, wenn der Einzelanwalt im ersten Berufungsverfahren der Sozietät angehört und die Sache namens der Sozietät bearbeitet hatte.
BGH, Urt. v. 21.7.2016 – IX ZR 57/15
1 Sachverhalt
Der Kläger verlangt aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten die Rückzahlung geleisteten Anwaltshonorars; der beklagte Rechtsanwalt macht widerklagend restliche Gebühren geltend. Der Beklagte hatte den Kläger und die Drittwiderbeklagte (fortan auch: Eheleute T.) in einer Bausache vor dem OLG vertreten. Er war seinerzeit Mitglied einer Sozietät. Nach Erlass des Berufungsurteils am 3.4.2007 wurde die Sozietät durch Gesellschafterbeschluss aufgelöst. Sie befindet sich seither in Liquidation. Der Beklagte gründete unter der Bezeichnung "E. Rechtsanwälte" eine eigene Kanzlei.
Auf das Rechtsmittel der Eheleute T. hob der BGH mit Beschl. v. 10.1.2008 das klagabweisende Berufungsurteil auf und verwies die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurück. Die Eheleute T. beauftragten nunmehr die neu gegründete Kanzlei des Beklagten mit ihrer Vertretung im zweiten Berufungsverfahren. Der Beklagte stellte ihnen dafür am 24.4.2008 insgesamt 77.479,47 EUR in Rechnung. Die Rechnung wies eine Verfahrens- und eine Termingebühr zuzüglich Nebenkosten und Umsatzsteuer aus. Die Eheleute sollten diesen Betrag in zehn Raten à 7.750,00 EUR zahlen. Sieben Raten wurden pünktlich gezahlt. Ende 2008/Anfang 2009 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien.
Mit Schreiben v. 3.2.2009, dem eine Besprechung v. 5.12.2008, ein Schreiben des Beklagten vom 15.12.2008 und ein Schreiben der Eheleute vom 27.1.2009 vorangegangen waren, kündigte der Beklagte das Mandat. Er forderte die Eheleute T. auf, restliche 31.528,29 EUR zu zahlen. In dieser Rechnung ist zusätzlich eine Mehrvertretungsgebühr enthalten. Im Zeitpunkt der Kündigung war das zweite Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Die Eheleute mussten sich anderweitig vertreten lassen.
Der Kläger verlangt Rückzahlung der gezahlten sieben Raten von insgesamt 54.250,00 EUR aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau. Der Beklagte hat gegen beide Eheleute Widerklage auf Zahlung der restlichen 31.528,29 EUR erhoben. Das LG hat Klage und Widerklage abgewiesen. Die Berufung der Eheleute ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Eheleute zur Zahlung von 31.528,29 EUR nebst Zinsen verurteilt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision wollen die Eheleute die Abweisung der Widerklage erreichen. Der Kläger verfolgt außerdem den Anspruch auf Rückzahlung der 54.250,00 EUR weiter.
2 Aus den Gründen
Die Revisionen bleiben ohne Erfolg.
I. Klage aus eigenem Recht des Klägers
1. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet gehalten, weil die Honorarzahlungen nicht ohne rechtlichen Grund geleistet worden seien. Zwar habe der beklagte Rechtsanwalt das Mandat durch Kündigung beendet, was in der Regel einen Vergütungsanspruch entfallen lasse. Die Kündigung sei jedoch durch das vertragswidrige Verhalten der Eheleute verursacht worden. Diese hätten sich geweigert, die noch ausstehenden drei Raten der Rechnung vom 24.4.2008 zu begleichen. Die Rechnung sei nicht überhöht gewesen. Der Beklagte habe eine weitere Verfahrensgebühr verlangen können. Eine Anrechnung sei nicht in Betracht gekommen, weil die Eheleute im ersten Berufungsverfahren nicht von der Kanzlei "E. Rechtsanwälte", sondern von der Sozietät vertreten worden seien. Zudem hätten sich die Eheleute in einem Schiedsvergleich mit ihrem Prozessfinanzierer zur Rückforderung des Honorars verpflichtet. Sie hätten damit versucht, Konflikte mit dem Prozessfinanzierer zu Lasten des Beklagten zu lösen. Schließlich hätten die Eheleute in einem Schreiben der Drittwiderbeklagten vom 27.1.2009 die Mandatsniederlegung regelrecht herausgefordert.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
a) Grundlage des Begehrens des Klägers ist § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB. Der Kläger hat insgesamt 54.250,00 EUR an den Beklagten gezahlt. Die Zahlungen erfolgten jedoch nicht ohne rechtlichen Grund. Der Beklagte hat das Mandatsverhältnis zwar gem. § 627 Abs. 1 BGB gekündigt. Nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB, der neben den Vorschriften des RVG auf den Honoraranspruch des Rechtsanwalts anwendbar ist (BGH, Urt. v. 26.9.2013 – IX ZR 51/13, WM 2014, 89 Rn 9 [= AGS 2014, 109]), kann er jedoch einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Diesen Anspruch hätte...