Leitsatz
- Für das Verfahren der Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 66 GKG ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht möglich, da diese nicht gesetzlich vorgesehen ist.
- Im Übrigen würde ein vernünftig denkender bemittelter Erinnerungsführer einen Rechtsanwalt auch deshalb nicht beauftragen, da er dessen Kosten selbst bei einem Erfolg der Erinnerung tragen müsste.
- Auch der Amtsermittlungsgrundsatz spricht bei einer Erinnerung gegen die Bewilligung von PKH. Ein Vergleich mit einem schwerbehindertenrechtlichen Klageverfahren, in dem die Ablehnung der Bewilligung von PKH mit der Begründung des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes ausgeschlossen ist, ist nicht zulässig.
Bayerisches LSG, Beschl. v. 9.8.2016 – L 15 SF 160/16 E
1 Sachverhalt
Die Erinnerungsführerin begehrt Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Verfahren einer Erinnerung nach § 66 GKG.
Zu Grunde liegt ein vor dem LSG geführtes Klageverfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens i.S.d. §§ 198 ff. GVG. In diesem Verfahren macht die dortige Klägerin und jetzige Erinnerungsführerin einen Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens in einer versorgungsrechtlichen Streitsache geltend.
Der Erinnerungsführerin war eine Kostennachricht über 584,00 EUR zugesandt.
Dagegen hat die durch ihren Ehemann vertretene Erinnerungsführerin Erinnerung eingelegt und dafür die Bewilligung von PKH beantragt.
Mit Schreiben des Senats ist die Erinnerungsführerin darauf hingewiesen worden, dass die Bewilligung von PKH nach der herrschenden Rspr. für Erinnerungsverfahren nach § 66 GKG nicht vorgesehen sei.
Eine Reaktion der Erinnerungsführerin auf dieses Schreiben ist nicht erfolgt.
2 Aus den Gründen
PKH ist nicht zu bewilligen, da eine solche für Verfahren der Erinnerung gem. § 66 GKG von Gesetzes wegen nicht vorgesehen ist.
Zur Begründung verweist der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des OLG Celle im Beschl. v. 7.8.2012 – 1 Ws 293/12, das in Einklang mit dem Beschluss des OLG Düsseldorf v. 2.7.2012 – III-2 Ws 228/12 [= AGS 2012, 541] Folgendes ausgeführt hat:
"Die Bestimmungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. §§ 114 ff. ZPO gelten unmittelbar nur für die in der Zivilprozessordnung geregelten Streitigkeiten einschließlich der Zwangsvollstreckung. Auf andere Verfahren finden diese Regelungen hingegen nur dann Anwendung, wenn sie ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt worden sind (vgl. KG NJW-RR 1993, 69; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 114 Rn 1 m.w.N.). Eine solche Verweisung auf die §§ 114 ff. ZPO findet sich im GKG nicht."
Eine analoge Anwendung der zivilprozessualen Regelungen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe kommt hier nicht in Betracht. Der Senat schließt sich hierin der Auffassung des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 2.7.2012 – 2 Ws 228/12, zitiert nach juris) an. Zum Einen besteht für eine Analogie nach der gegebenen Interessenlage keine Notwendigkeit, weil das Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz gem. § 66 Abs. 8 S. 1 GKG gerichtsgebührenfrei ist, nicht dem Anwaltszwang unterliegt und für die Abfassung des Rechtsmittels gem. § 66 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 GKG i.V.m. § 129a ZPO Erklärungen vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eines jeden AG abgegeben werden können, welcher durch entsprechende Nachfragen und Hinweise auf die Wahl des statthaften Rechtsbehelfs, auf die Stellung eines sachdienlichen Antrags und auf dessen vollständige Begründung hinzuwirken verpflichtet ist (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. mit näherer Begründung). Zum anderen ist die für eine Analogie stets erforderliche planwidrige Regelungslücke im Falle des Verfahrens über die Erinnerung gegen den Kostenansatz gem. § 66 GKG nicht gegeben. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich bestimmt, dass eine Kostenerstattung im Verfahren nach § 66 GKG nicht stattfindet (§ 66 Abs. 8 S. 2 GKG), um zu verhindern, dass Kostenverfahren, die ohnehin nur Anhängsel des jeweiligen Hauptverfahrens sind, ihrerseits wiederum neue Kostenverfahren erzeugen können (vgl. BGH NJW 2003, 70; OLG Düsseldorf a.a.O.; Hartmann, KostG, 39. Aufl., GKG § 66 Rn 48). Daher lässt § 66 Abs. 8 GKG bewusst keinen Raum für die Beantragung von Prozesskostenhilfe. An der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung hat der Senat keinen Zweifel (ebenso OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG München MDR 1977, 502).“
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat ergänzend darauf hin, dass selbst dann, wenn nicht von einem Ausschluss der Bewilligung von PKH für Verfahren der Erinnerung gem. § 66 GKG ausgegangen würde (so ohne irgendeine Begründung Bayerischer VGH, Beschl. v. 15.11.2004 – 24 C 04.2640, wobei die Bewilligung von PKH dort ohnehin wegen fehlender Erfolgsaussichten mit wenigen Worten abgelehnt worden ist), PKH vorliegend aus folgenden Gründen nicht zu bewilligen wäre:
Verfahren wegen einer Erinnerung gem. § 66 GKG sind Verfahren, die nicht nur gebührenfrei sind, sondern in denen Kosten gem. § 66 Abs. 8 S. 2 GKG nicht erstattet werden könne...