Leitsatz
Bei der Festsetzung des Streitwerts für eine Feststellungsklage auf Fortbestehen eines Bausparvertrags ist neben dem Interesse an dem laufenden Zinsertrag auch das Interesse daran, ein Bauspardarlehen zu beanspruchen, zu berücksichtigen.
LG Stuttgart, Beschl. v. 13.7.2016 – 4 T 21/16
1 Sachverhalt
Im Wege der Feststellungsklage begehrt die vom Beschwerdeführer im Prozess vertretene Klägerin die Feststellung, dass eine von der Beklagten am 12.1.2015 ausgesprochene Kündigung ihres Bausparvertrages zum 24.7.2015 nicht wirksam ist bzw. dieser Vertrag fortbesteht.
Der im Februar 1992 abgeschlossene Bausparvertrag lautet auf eine Bausparsumme von 30.000 DM/15.338,76 EUR. Vereinbart ist ein Guthabenzins von 2,5 %. Außerdem hat die Klägerin von der Möglichkeit nach § 6 Abs. 1 der dem Vertrag zugrundeliegenden ABB 7 Gebrauch gemacht und hat daher zusätzlich einen Anspruch auf einen Zinsbonus i.H.v. 80 % des vereinbarten Zinssatzes. Ausweislich des Bauspar-Kontoauszugs vom 24.7.2015 betrug das angesparte Guthaben 10.643,72 EUR und der bis dahin angefallene Bonuszins 3.273,92 EUR.
Das AG hat im der Klage stattgegebenen Urteil den Streitwert auf 730,61 EUR festgesetzt und dazu ausgeführt, dieser errechne sich aus dem 3,5fachen Jahreszins inklusive Bonuszins unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 Prozent (Feststellungsklage).
Mit der im eigenen Namen eingelegten Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer eine Erhöhung des Streitwerts auf 15.338,76 EUR, hilfsweise auf 4.382, 26 EUR. Er vertritt die Auffassung, dass neben dem Interesse am Fortbestand der laufenden Zinszahlungen auch die Höhe eines noch möglichen Bauspardarlehens bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen sei. Der Zinsertrag belaufe sich für 3,5 Jahre auf 782,79 EUR und die Höhe eines noch möglichen Bauspardarlehens unter Berücksichtigung des angesparten Guthabens von 10.643,72 EUR auf 4.695,04 EUR, also insgesamt 5.477,83 EUR, was abzüglich 20 % Abschlags für die Feststellungsklage den Betrag von 4.382,26 ergebe.
2 Aus den Gründen
Die Streitwertbeschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 68 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG) und übersteigt auch den Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG). Der Beschwerdeführer ist gem. § 32 Abs. 2 RVG beschwerdebefugt.
In der Sache hat die Streitwertbeschwerde nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.
2.1. Der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richtet sich gem. § 48 Abs. 1 GKG, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstandes, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gem. § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen.
Bei einer positiven Feststellungsklage, wie vorliegend der Fall, ist grundsätzlich auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung – nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung – abzustellen (std. Rspr. d. BGH, Beschl. v. 1.6,1976 – VI ZR 154/75). Hierzu ist, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigend, der Wert des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen und – regelmäßig – ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen (vgl. statt vieler: BGH NJW-RR 2000, 1266).
Dementsprechend ist vorliegend zunächst Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts das objektive wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klagschrift dargelegten objektiven Erwartungen des jeweiligen Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (vgl. BGH NJW 2006, 3060 [= AGS 2006, 559]).
Zu berücksichtigen ist damit nicht, wie der Beschwerdeführer zu meinen scheint, die vereinbarte Bausparsumme, sondern das Interesse, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können (vgl. hierzu OLG Stuttgart, Urt. v. 30.3.2016 – 9 U 171/15; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.6.2015 – 9 W 25/15; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.2.2016 – 17 W 3/16; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.1.2016 – 8 U 1064/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.8.2015 – 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschl. v. 20.10.2015 – 31 W 74/15). Da es sich bei Zinsen um wiederkehrende Leistungen handelt, ist im Rahmen der Feststellungsklage zudem der Rechtsgedanke des § 9 S. 1 ZPO zu berücksichtigen, wonach sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers aus dem 3,5-fachen Wert der einjährigen Zinserwartung berechnet (vgl. BGH NVwZ-RR 2008, 741; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.3.2016 – 9 U 171/15; OLG Stuttgart, Beschl. v. 19.6.2015 – 9 W 25/15; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.2.2016 – 17 W 3/16; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.1.2016 – 8 U 1064/15; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.8.2015 – 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschl. v. 20.10.2015 – 31 W 74/15).
Dement...