Die zulässige Erinnerung ist unbegründet.
Dem Antragsteller stehen keine Gebühren zu, die vor dem 24.9.2015 entstanden sind.
Denn der Antragsteller ist dem Nebenkläger mit Beschluss v. 20.10.2015 ausdrücklich erst mit Wirkung vom 24.9.2015 beigeordnet worden. Damit liegt eine ausdrückliche gerichtliche Anordnung vor, nach der sich der Vergütungsanspruch bemisst, § 48 Abs. 1 RVG. Diese gerichtliche Anordnung entspricht auch dem ausdrücklichen Antrag des Antragstellers in seinem Schriftsatz v. 27.9.2015. Dort wird beantragt, die Beiordnung rückwirkend zum 24.9.2015, dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht, zu erklären.
Diese auch vom Antragsteller beantragte Einschränkung steht im Zusammenhang mit der Kostenerstattung. Dies folgt schon aus der zeitlich einschränkenden Formulierung des Antrags und dem folgend des Beschlusses v. 20.10.2015, die der Formulierung bei der (zeitlich eingeschränkten) Bewilligung von Prozesskostenhilfe entspricht.
Außerdem war der Beiordnungsantrag damit begründet, dass aufgrund der bereits überdurchschnittlich langen Dauer des Strafverfahrens sowie der vorhersehbaren weiteren Dauer, eine "weitere Nebenklagevertretung ab sofort nur noch mit einer Absicherung durch eine gerichtliche Beiordnung möglich" sei. Daraus wird deutlich, dass es dem Antragsteller um die "weitere" Vertretung des Nebenklägers – und nicht auch eine frühere Vertretung – sowie eine Absicherung – ersichtlich finanzieller Art – der weiteren Vertretung geht. Nach einem Hinweis des Vorsitzenden, dass er beabsichtige den Beiordnungsantrag abzulehnen und dem Nebenkläger einen anderen, bereits beigeordneten Nebenklagevertreter beizuordnen, hat der Antragsteller auch in seinem Schriftsatz vom 27.9.2015 u.a. vorgetragen, dass das Kostenargument nicht verfange. Denn der Nebenkläger habe die Staatskasse in den bisherigen Hauptverhandlungstagen nichts gekostet. Dabei setzt er sich ausdrücklich mit der Argumentation des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 12.3.2015 – II-1 Ws 41/15 = StRR 2015, 264) auseinander. Danach kann der Beiordnung einer Vielzahl von Nebenklägervertretern auch entgegenstehen, dass die Kostenhaftung der Angeklagten im Falle einer Verurteilung, die Resozialisierungschancen vermindern könne. Auch vor diesem Hintergrund ist der einschränkend gestellte Antrag auf Beiordnung mit Wirkung ab dem 24.9.2015 zu verstehen.
Aus der allgemeinen Bestimmung des § 48 Abs. 6 RVG ergibt sich vorliegend nichts anderes. Dem stehen schon der ausdrückliche Antrag und der ausdrückliche Beschl. v. 20.10.2015 über die Bestellung entgegen.
Außerdem soll § 48 Abs. 6 RVG Streit und Unklarheiten zu vermeiden, die durch eine – rechtspraktisch nicht etwa vereinzelt auftretende – späte Bestellungsentscheidung entstehen können. Diese Unklarheiten könnten – so die Befürchtung – die Effektivität der Pflichtverteidigung beeinträchtigen. Ein (Wahl-)Verteidiger könnte davon abgehalten werden, (notwendige) Verteidigungsmaßnahmen einzuleiten bzw. zu erbringen, solange seine Vergütung über die Bestellung als Pflichtverteidiger nicht gesichert ist. Der Verteidiger soll daher mit Blick auf diese durch § 48 Abs. 6 RVG vergütungsrechtlich gesicherte Stellung seine Verteidigungsaktivitäten zur Gunsten einer umfassenden Rechtswahrung des Mandanten frühzeitig und effektiv entfaltet und nicht etwa vom Bestellungszeitpunkt abhängig machen. Insbesondere soll er – im Hinblick auf eine spätere (von ihm erwartete) Bestellung – schon frühzeitig effektiv und umfassend verteidigen (vgl. OLG Hamburg NStZ-RR 2012, 390, juris Rn 19 m.w.N.). Auch dieser Zweck ist vorliegend nicht getroffen. Der Antragssteller hat vor Antragstellung über zwei Jahre lang den Nebenkläger in der Hauptverhandlung vertreten. Dass er in diesem Zusammenhang – im Hinblick auf eine ungeklärte Kostenerstattung – auf Maßnahmen einer effektiven Vertretung verzichtet hat, liegt fern. Die Vergütung war – bis zum September 2015 (s. dazu bereits oben im Hinblick auf die "Absicherung" der "weiteren" Vertretung) – vielmehr sichergestellt. Der Antragsteller hat – in seinem Kostenantrag und Schriftsatz v. 23.1.2017 – angegeben, vor dem 24.9.2015 vom Mandanten – naheliegenderweise einer Rechtschutzversicherung – einen Betrag von 47.687,92 EUR erhalten zu haben.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.
AGS 11/2019, S. 507 - 508