Auch wenn die vollständige Bestätigung des Grundurteils keine Zurückverweisung darstellt, so gibt es dennoch Fälle, in denen eine solche vorliegt. Das ist etwa dann der Fall, wenn das erstinstanzliche Gericht ein Grundurteil erlässt und darin feststellt, dass der Anspruch dem Grunde nach nicht besteht. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Klageabweisung, sodass der Rechtsstreit damit beendet wird. Zulässig ist auch ein eingeschränktes Grundurteil, dass dann i.Ü. mit einer Klageabweisung zu verbinden ist. Hebt das Berufungsgericht ein Urteil auf, mit dem festgestellt wurde, dass der Anspruch nicht besteht, und gibt das Verfahren zurück an das Ausgangsgericht, liegt deshalb eine Zurückverweisung vor.
Es handelt sich bei dem weiteren Verfahren vor dem Ausgangsgericht in diesen Fällen um einen neuen Gebührenrechtszug (§ 21 Abs. 1 RVG). Die Gebühren und auch die Postentgeltpauschale (Nr. 7002 VV) entstehen daher erneut. Die bereits entstandene Verfahrensgebühr ist nach Vorbem. 3 Abs. 6 VV allerdings auf die erneut anfallende Verfahrensgebühr anzurechnen. Hinsichtlich Terminsgebühr und Postentgeltpauschale bestehen keine Anrechnungsvorschriften.
Beispiel 4
Es liegt eine Zivilsache wegen Schadensersatz vor. Es ergeht nach mündlicher Verhandlung zunächst Grundurteil, mit dem festgestellt wird, dass der Anspruch nicht besteht. Gegen dieses Urteil wird vollumfänglich Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hebt das Grundurteil auf, weil der Anspruch besteht, und verweist die Sache nach mündlicher Verhandlung an das Ausgangsgericht zurück. Vor dem Ausgangsgericht ergeht im Betragsverfahren nach erneuter mündlicher Verhandlung Endurteil. Der Streitwert beträgt in der ersten Instanz sowie im Berufungsverfahren jeweils 40.000,00 EUR.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
I. |
Erstinstanzliches Verfahren |
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1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.452,10 EUR |
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(Wert: 40.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
1.340,40 EUR |
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(Wert: 40.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
534,38 EUR |
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Gesamt |
3.346,88 EUR |
II. |
Erstinstanzliches Verfahren nach Zurückverweisung |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.452,10 EUR |
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(Wert: 40.000,00 EUR) |
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gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV anzurechnen, |
– 1.452,10 EUR |
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1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
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|
(Wert: 40.000 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
1.340,40 EUR |
|
(Wert: 40.000,00 EUR) |
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
258,48 EUR |
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Gesamt |
1.618,88 EUR |
III. |
Berufung gegen Grundurteil |
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1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
1.787,20 EUR |
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(Wert: 40.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
1.340,40 EUR |
|
(Wert: 40.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
598,04 EUR |
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Gesamt |
3.745,64 EUR |
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Gesamt I. + II. + III. |
8.711,40 EUR |
Es liegt eine Zurückverweisung i.S.d. § 21 Abs. 1 RVG vor, die Gebühren in der ersten Instanz entstehen erneut. Die Anrechnungsregelung ist zu beachten.
Hat das erstinstanzliche Gericht in dem Grundurteil ausgesprochen, dass der Anspruch nur teilweise besteht, so erfolgt mithin nur eine teilweise Klageabweisung. Wird nun gegen dieses Grundurteil Berufung seitens des Klägers eingelegt, so liegt keine Zurückverweisung vor, wenn die Berufung zurückgewiesen wird. Ist die Berufung hingegen erfolgreich, so liegt wegen der zunächst abgewiesenen Ansprüche eine Zurückverweisung vor. Hat der Beklagte die Berufung wegen des dem Grunde nach bestehenden Teilanspruchs eingelegt, liegt hingegen weder eine Zurückverweisung vor, wenn die Berufung Erfolg hat (dann ist der Teilanspruch endgültig abgewiesen) oder sie zurückgewiesen wird (dann wird das Grundurteil wegen des Teilanspruchs bestätigt).
Beispiel 5
Es liegt eine Zivilsache wegen Schadensersatz vor. Es ergeht nach mündlicher Verhandlung zunächst Grundurteil, mit dem festgestellt wird, dass der Anspruch nur zu 60 % besteht. Hinsichtlich der übrigen 40 % erfolgt mithin eine Klageabweisung. Gegen dieses Urteil legt der Kläger Berufung mit dem Ziel, dass festgestellt wird, dass auch die aberkannten 40 % zuerkannt werden. Das Berufungsgericht hebt das Grundurteil auf, weil der Anspruch auch insoweit besteht, und verweist die Sache nach mündlicher Verhandlung an das Ausgangsgericht zurück. Vor dem Ausgangsgericht ergeht im Betragsverfahren nach erneuter mündlicher Verhandlung Endurteil. Der Streitwert beträgt in der ersten Instanz 40.000,00 EUR. Im Berufungsverfahren beträgt der Streitwert 16.000,00 EUR.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
I. |
Erstinstanzliches Verfahren |
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.452,10 EUR |
|
(Wert: 40.000,00 EUR) |
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
1.340,40 EUR |
|
(Wert: 40.000,00 EUR) |
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
534,38 EUR |
|
Gesamt |
3.346,88 EUR |
II. |
Erstinstanzliches Verfahren nach Zurückverweisung |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
933,40 EUR |
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(Wert: 16.000,00 EUR) |
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... |