Die Entscheidung ist – anders kann man es nicht ausdrücken – ein Paukenschlag. Verwertet der Insolvenzverwalter unbewegliche Vermögensgegenstände, die mit Grundpfandrechten belastet sind, ist eine Massebeteiligung gesetzlich nicht vorgesehen. In der Praxis wird jedoch in den meisten Fällen eine Massebeteiligung vereinbart, die sich in der Regel zwischen 2 % und 4 % des Kaufpreises bewegt. Der BGH stellt nun klar, dass eine analoge Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV auch für Immobilien in Betracht kommt. Bedeutsamer ist hingegen die Aussage, wonach nach Ansicht des BGH diese Obergrenze auch für den – in der Praxis sehr oft daneben geltend genmachten – Zuschlag gilt. Die nach § 2 InsVV ermittelte Regelvergütung deckt nur die Tätigkeit des Insolvenzverwalters in einem Normalverfahren ab. Weist das Verfahren aber über ein Normalverfahren hinausgehende Besonderheiten auf, so sind diese bei der Vergütungsermittlung nach § 3 InsVV durch Zu- bzw. Abschläge auf die Regelvergütung auszugleichen. § 3 Abs. 1 InsVV nennt dabei nicht abschließend Regelbeispiele für die Vornahme eines Zuschlages zur Insolvenzverwaltervergütung. Grds. dürfen die Gewährung eines Zuschlages bzw. die Vornahme eines Abschlages nach der einschlägigen Rspr. des BGH nicht schematisch erfolgen. Vielmehr ist stets der tatsächliche Arbeitsaufwand des Insolvenzverwalters im konkreten Verfahren zu ermitteln und dieser dem anzunehmenden Normalverfahren gegenüber zu stellen (BGH, Beschl. v. 24.7.2003 – X ZB 607/02; BGH, Beschl. v. 25.10.2007 – IX ZB 55/06, MüKo-InsO/Riedel, a.a.O., Anhang zu § 65, § 3 InsVV Rn 6.). Diese schematische Betrachtung erfährt indes durch die Begrenzung auf 50 % der Feststellungskosten einen Medienbruch. Oftmals werden in der Praxis Zuschläge für die Verwertung von mit Absonderungsrechten belasteten Grundstücken im Wege der freihändigen Veräußerung geltend gemacht. Dieser "Mehraufwand" ist dabei regelmäßig zuschlagsfähig. Durch die nun vom BGH ausgesprochene Obergrenze wird dieser Zuschlag quasi abgeschafft und damit im Grunde eine der Arbeit individuell angemessen festgesetzte Vergütung verwehrt.
Einerseits ist die Entscheidung des BGH nachvollziehbar und stimmig. Für die Masse ist die Entscheidung auf den ersten Blick ein Gewinn. Allerdings bleibt aber auch zu befürchten, dass sich – sofern sich die Ansicht durchsetzt – das Ganze Nachteil entwickeln könnte. Bei absonderungsberechtigten Gläubigern handelt es sich um solche, die neben einer persönlichen Forderung auch ein Recht auf Befriedigung aus unbeweglichen Gegenständen (§ 49 InsO) oder aus Pfandrechten (§ 50 InsO) haben. Weitere Absonderungsberechtigte regelt das Gesetz in § 51 InsO und stellt sie den Pfandgläubigern gleich. Sie haben sich vorrangig aus dem dinglichen Sicherungsrecht zu befriedigen und können die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung betreiben. Hinzu kommt in der Praxis bei Immobilen häufig noch eine parallele Zwangsverwaltung. Die zwangsweise Verwertung ist aber nicht immer die beste und schnellste. Hinzu kommen Spannungen zwischen den verschiedenen Akteuren (Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Grundpfandrechtsgläubiger) usw. "Lukrativer" ist mithin, die Verwertung "aus einer Hand" zu betreiben, die sich dann auch im Wege der freihändigen Veräußerung meist schneller vollzieht, weniger Reibung bietet und höhere Preise erzielt, zudem für die Masse meist noch einen Gewinn bringt. Diese Zusatzaufgabe kann aber für den Verwalter oftmals deutlich Mehrarbeit abverlangen. Durch die nun ausgesprochene Begrenzung bleibt zu befürchten, dass diese Zusatzaufgabe zukünftig nicht mehr wahrgenommen werden wird, die Grundpfandrechtsgläubiger stattdessen auf den Absonderungsweg (Versteigerung) selbst verwiesen werden. Ein Ausfall der dinglich gesicherten Gläubiger wird mithin später belegbar sein, so mitunter eine längere Verfahrensdauer zu erwarten sein.
Dipl.-RPfleger Stefan Lissner, Konstanz
AGS 11/2021, S. 526 - 528