Mit seiner Entscheidung bestätigt der XII. Zivilsenat des BGH das OLG München im Ergebnis zwar zutreffend: Er geht davon aus, dass eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV auch in solchen Verfahren anfallen kann, in denen eine mündliche Verhandlung (nur) für den Fall vorgeschrieben ist, dass eine Partei sie beantragt. Die aus Sicht des V. Zivilsenats des BGH streitige Frage, ob die in Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Alt. VV geregelte Terminsgebühr auch in Verfahren entstehen kann, in denen eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, sollte eigentlich offen bleiben. Bei verfahrensrechtlich richtiger Beurteilung hätte der XII. Zivilsenat allerdings erkennen können und müssen, dass in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auch in Verfahren, deren Gegenstand die Abänderung einer einstweiligen Anordnung ist, nach altem und neuem Recht (§ 620a a.F., § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, sodass nach dem Verständnis des V. Zivilsenats gerade kein Verfahren zugrunde lag, das zwingend eine mündliche Verhandlung vorschreibt. Dann aber hätte sich der XII. Zivilsenat bei richtiger Anwendung des eindeutigen Gesetzeswortlauts von der Auffassung des V. Zivilsenats lossagen müssen, wozu ihm offenbar der Mut gefehlt hat. Seine Tendenz hat er aber preisgegeben. Anderenfalls wäre die umfassende Darstellung aller zutreffenden Argumente der Gegenauffassung nicht nachvollziehbar:
"Die Terminsgebühr entsteht für ... die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts …"
1. Argument gegen die Auffassung des V. Zivilsenats
Der Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV setzt eine für das Verfahren zwingende mündliche Verhandlung nicht voraus.
2. Argument gegen die Auffassung des V. Zivilsenats
Auch aus dem Wortlaut der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV lässt sich ein die Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV einschränkendes Tatbestandsmerkmal nicht entnehmen.
3. Argument gegen die Auffassung des V. Zivilsenats
Das Mahnverfahren und das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger sehen keine mündliche Verhandlung vor. Nach Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV wird eine in diesen Verfahren gleichwohl entstehende Terminsgebühr auf die Terminsgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet. Wie soll die Terminsgebühr in diesen Verfahren anders entstehen als nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV, da es hier keine gerichtlichen Termine geben kann?
4. Argument gegen die Auffassung des V. Zivilsenats
Auch in Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach Nr. 3506 i.V.m. 3516 VV ist eine Terminsgebühr vorgesehen, obgleich eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist und i.d.R. auch nicht durchgeführt wird.
5. Argument gegen die Auffassung des V. Zivilsenats
Nach Auffassung des IX. Zivilsenats des BGH kann eine Terminsgebühr i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV bereits dann entstehen, wenn der Rechtsanwalt an auf die Vermeidung eines Rechtsstreits geführten Gesprächen mitwirkt. Zu diesem Zeitpunkt ist aber regelmäßig noch nicht absehbar, ob der Rechtsuchende eine Verfahrensart wählt, in der eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
6. Argument gegen die Auffassung des V. Zivilsenats
Die Motive des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung sind eindeutig: Der Anwalt soll in jeder Phase des Verfahrens an seiner frühen Beendigung mitwirken.
7. Argument gegen die Auffassung des V. Zivilsenats
Die aus Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV abgeleitete Terminsgebühr dient auch der Entlastung der Gerichte.
Der V. Zivilsenat sollte sich die vom XII. Zivilsenat sauber aufbereiteten Argumente der Gegenauffassung zu eigen machen und dem Willen des Gesetzgebers zukünftig gerecht werden.
Rechtsanwältin u. FAFamR Lotte Thiel, Koblenz