Die Frage, ob Verfahrenskostenhilfe für einen Hauptantrag nach dem GewSchG wegen Mutwilligkeit nicht zu bewilligen ist, soweit in einer Gewaltschutzsache antragsgemäß durch einstweilige Anordnung entschieden wurde, wird in der Rspr. unterschiedlich entschieden.
Einerseits wird die Meinung vertreten, dass, falls antragsgemäß die Gewaltschutzsache durch einstweilige Anordnung entschieden wurde, für einen zeitgleich eingereichten Hauptsacheantrag, der auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet ist, Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit nicht zu bewilligen ist (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 18.11.2009 – 2 F 215/09, NJW 2010, 540 [= AGS 2010, 107]; OLG Celle FamRZ 2010, 1586 [= AGS 2010, 334]).
Andererseits wird auch die Meinung vertreten, dass Verfahrenskostenhilfe einem Antragsteller im Hauptsacheverfahren nach §§ 1, 2 GewSchG nicht schon deshalb verweigert werden kann, weil er gleichzeitig ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingeleitet hat (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 9.12.2009 – 10 WF 274/09 [= AGS 2010, 107]). Der Senat schließt sich der letzteren Ansicht an.
Grundsätzlich können in Bezug auf einen Verfahrensgegenstand in allen Bereichen von Familiensachen i.S.d. § 111 FamFG Verfahren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach den §§ 49, 214 ff. FamFG und zur jeweiligen Hauptsache parallel geltend gemacht werden, weil im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich eine summarische Prüfung des Sachverhalts erfolgt und insbesondere keine materiell bindende Entscheidung getroffen werden kann. Entsprechend kann, wenn für beide Verfahren Verfahrenskostenhilfe beantragt wird, grundsätzlich keine Mutwilligkeit i.S.d. § 76 Abs. 1 FamFG, § 114 S. 1 ZPO angenommen werden. Dem steht auch nicht der Gesichtspunkt entgegen, dass nach der Gesetzesbegründung das Verfahren der einstweiligen Anordnung ein entsprechendes Hauptsacheverfahren überflüssig machen soll. Entscheidend ist, ob für das Hauptsacheverfahren bei erlassener einstweiliger Anordnung die Notwendigkeit besteht, im Erkenntnisverfahren zur Hauptsache eine bindende Entscheidung herbeizuführen.
Die Antragstellerin hat im konkreten Fall einen Anspruch im Hauptsacheverfahren eine bindende Entscheidung, wenn auch befristet, herbeizuführen. Nach Sachlage ist nicht erkennbar, dass bereits feststeht, dass der Antragsgegner die Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren ohne Weiteres hinnehmen wird, zumal er sich bis Mitte Januar 2012 seit längerer Zeit im Ausland aufgehalten hat. Solange nicht feststellbar ist, dass sich der Streit umfassend im Rahmen des Verfahrens auf einstweilige Anordnung erledigt hat, fehlt es nicht an einem entsprechenden Rechtsschutzbedürfnis für einen Hauptsacheantrag. Folglich kann der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen werden (vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 214 FamFG Rn 6).
Der Beschluss des FamG war daher aufzuheben. Der Antragstellerin war Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Eine Ratenzahlungsbestimmung war nicht zu treffen, da die Antragstellerin vermögenslos ist.
Rechtsanwalt Dr. N. ist der Antragstellerin als Verfahrensbevollmächtigter beizuordnen, § 78 Abs. 2 FamFG. Die Vertretung durch einen Anwalt erscheint im vorliegenden Fall wegen der Schwierigkeit der Sachlage erforderlich.