Die gegen die Erhebung einer Vergleichsgebühr i.H.v. 1.114,00 EUR gerichtete Erinnerung gegen den Kostenansatz hat in der Sache Erfolg. Die Erhebung einer Vergleichsgebühr ist vorliegend unzulässig.
Gem. § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1900 GKG-KostVerz. entsteht als besondere Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs eine 0,25-Vergleichsgebühr, "soweit der Wert des Vergleichsgegenstands den Wert des Verfahrensgegenstands übersteigt". Wird – wie vorliegend – ein anderweitiges, vor einem deutschen Gericht anhängiges Verfahren, für welches nach den Kostengesetzen eine eigene, das dortige Verfahren insgesamt abgeltende Verfahrensgebühr angefallen ist, in einem Prozessvergleich mit erledigt, entsteht insoweit eine gesonderte Vergleichsgebühr in dem Verfahren des Vergleichsschlusses grundsätzlich nicht. Die Kammer folgt in dieser Konstellation der in der Lit. vertretenen Auffassung (vgl. Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl. 2009, GKG-KostVerz. Nr. 1900 Rn 12; Hartmann, KostG, 42. Aufl. 2012, 1900 GKG-KostVerz. Rn 13), wonach keine Vergleichsgebühr entsteht, wenn für den überschießenden Teil bereits anderweitig eine Verfahrensgebühr angefallen ist. Zwar wird der Wortlaut des Gebührentatbestands regelmäßig in dieser Fallkonstellation erfüllt sein. Jedoch gebietet das das Gebührenrecht als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes systemtragende Äquivalenzprinzip, welches die Gebührenerhebung und -bemessung nach den Prinzipien der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs erlaubt (vgl. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 3 Rn 20), eine entsprechende teleologische Reduktion des Tatbestands nach Nr. 1900 GKG-KostVerz.. Im Einzelnen:
Die als besondere Gebühr ausgestaltete Vergleichsgebühr ist eine Handlungs- oder Aktgebühr (vgl. Hartmann, a.a.O., 1900 GKG-KostVerz. Rn 1), welche hinsichtlich des Mehrwerts eines Prozessvergleichs ("soweit … übersteigt") pauschal die Mitwirkung des Gerichts abgelten soll. Bereits der Wortlaut des Gebührentatbestands macht deutlich, dass es für den Vergleich über den Verfahrensgegenstand selbst mit der angefallenen Verfahrensgebühr sein Bewenden hat (vgl. Hartmann, a.a.O., 1900 GKG-KostVerz. Rn 6, 7). Das gesetzliche Kostenrecht formt hierdurch ausdrücklich in Bezug auf das konkrete, dem Vergleich unmittelbar unterliegende Verfahren das Äquivalenzprinzip dahin aus, dass ein durch die streitwertabhängige Verfahrensgebühr nicht abgedeckter überschießender Teil des Vergleichs eine weitere, nämlich besondere Gebühr als Aktgebühr für die Protokollierung des Vergleichs auslöst. Erhebt der nach dem Kostenrecht für den Bürger als Einheit anzusehende Justizfiskus jedoch auch in dem durch Prozessvergleich mit erledigten Rechtsstreit eine die Verfahrenskosten dort abgeltende Verfahrensgebühr, hat der (einheitliche) Justizfiskus sowohl unter Kostendeckungs- wie unter Vorteilsausgleichsgesichtspunkten die durch die beiden Verfahren und den sie beendenden Prozessvergleich zu deckenden Aufwendungen schon durch die jeweiligen Verfahrensgebühren auf die Kostenschuldner (vgl. § 22 Abs. 1 S. 4 GKG) überwälzt und bei diesen die mit dem Vergleichsschluss für die Kostenschuldner einhergehenden Vorteile abgeschöpft. Eine zusätzliche Erhebung einer Vergleichsgebühr für den im konkreten Verfahren des Vergleichsschlusses überschießenden Vergleichsteil wäre nach dem die Gebührenerhebung tragenden und mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlichen Gewährleistungen nach Art. 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG rechtfertigenden Äquivalenzprinzip nicht zu vereinbaren. Hiernach ist der Gebührentatbestand einengend im vorstehenden Sinne auszulegen.
Soweit die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse auf die Entscheidung des OLG München hingewiesen hat, steht diese Entscheidung dem hier von der Kammer eingenommenen Standpunkt nicht entgegen. Das OLG München hat lediglich entschieden, dass es – ausgehend von der "bewussten" gesetzgeberischen Entscheidung, an den Mehrwert eines Vergleichs anknüpfend eine eigenständige Gebühr zu schaffen – im Rahmen des Gebührentatbestands nach Nr. 1900 GKG-KostVerz. nicht darauf ankommt, "ob sich aus den unterschiedlichen Werten des Vergleichs- und des Verfahrensgegenstandes ein Gebührensprung ergibt". Diese Entscheidung steht also lediglich jener Auffassung entgegen, wonach eine Vergleichsgebühr nur anfallen könne, wenn durch den Wert des Vergleichs der durch die Verfahrensgebühr abgegoltene Betrag überstiegen werde, wenn also durch den erhöhten Vergleichswert ein Gebührensprung erreicht werde. Der vorliegende Fall, dass zwei gerichtliche Verfahren durch den in einem Verfahren abgeschlossenen Vergleich erledigt werden, unterscheidet sich jedoch dadurch, dass bereits tatsächlich jeweils Verfahrensgebühren angefallen sind und der durch Verfahren und Vergleich verursachte Aufwand des (einheitlichen) Justizfiskus mittels der Verfahrensgebühren gedeckt wird.