Leitsatz
- Wird der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Anwalt nach Ablauf von zwei Kalenderjahren mit der Vertretung im Überprüfungsverfahren beauftragt, liegt für ihn eine neue Angelegenheit vor, in der er die Gebühren nach den Nrn. 3335 ff. VV gesondert erhält.
- Diese Vergütung ist von der Landeskasse zu zahlen.
AG Trier, Beschl. v. 1.2.2014 – 37 F 177/10
1 Aus den Gründen
Nach § 48 Abs. 1 RVG richtet sich der Vergütungsanspruch des Anwalts gegen die Staatskasse nach dem Beschluss, durch den die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist.
Der Umfang der Vergütungspflicht wird damit durch den Umfang der Beiordnung bestimmt und diese ist identisch mit dem Umfang der Bewilligung der Prozesskostenhilfe, soweit nicht im Beiordnungsbeschluss eine Einschränkung enthalten ist.
Vorliegend wurde durch Beschluss des AG v. 18.2.2010 Verfahrenskostenhilfe "für den ersten Rechtszug" bewilligt und RA H. als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet.
Entsprechend der Bestimmung in § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO wirkt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts bis zum Zeitpunkt des endgültigen Abschlusses des Verfahrens im jeweiligen Rechtszug.
Der Begriff Rechtszug ist dabei kostenrechtlich zu verstehen, d.h. grundsätzlich ist jeder Verfahrensabschnitt. der besondere Kosten verursacht, als Rechtszug in diesem Sinne zu qualifizieren. Für die Beurteilung der anwaltlichen Tätigkeiten sind die §§ 16 ff. RVG heranzuziehen.
Diese differenzieren zwischen den Begriffen "Angelegenheiten" und "Rechtszug", vgl. § 16 Nr. 2, 3, § 19 RVG.
So stellen nach § 16 Nr. 2 RVG das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, dieselbe Angelegenheit dar; ebenso nach Nr. 3 mehrere Verfahren über die Prozesskostenhilfe in demselben Rechtszug.
Der Begriff Rechtszug wird in § 19 RVG definiert. Hiernach gehören zu dem Rechtszug oder dem Verfahren auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 RVG eine besondere Angelegenheit ist.
Damit gehört das Verfahren zur Überprüfung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe noch zum ersten Rechtszug, für den Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war.
Da mit den Gebühren des Hauptsacheverfahrens auch die Tätigkeit im Prozesskostenhilfeverfahren abgegeben ist, bildet grundsätzlich auch ein späteres Verfahren zur Aufhebung der Prozesskostenhilfe mit dem Bewilligungsverfahren gem. § 16 Nr. 2 RVG dieselbe Angelegenheit.
Ist allerdings das frühere Verfahren seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt, ist das neue Verfahren auch eine neue – gesondert zu vergütende – Angelegenheit (§ 15 Abs. 5 RVG), vgl. Rohn in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 46 Rn 9-11 m.w.Nachw.
Da sich die bewilligte Verfahrenskostenhilfe auf den ersten Rechtszug erstreckt und – wie dargelegt – eine neue Angelegenheit darstellt, kann dahinstehen, ob und wieweit eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Prüfverfahren möglich ist.
Die Gebühr Nr. 3335 VV entsteht aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 15 Abs. 5 RVG auch unabhängig davon, ob entsprechend der Intention des Gesetzgebers tatsächlich eine neue zeitaufwendige Einarbeitung In die Sache erforderlich ist, was im VKH-Überprüfungsverfahren bei rein wirtschaftlichen Fragen naturgemäß nicht der Fall ist.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thomas Holtkamp, Elz
AGS 1/2015, S. 24 - 25