Leitsatz
- Verlangt der Anwalt mit seiner Leistungsklage die Zahlung einer restlichen Vergütung, so ist eine zugleich erhobene Feststellungsklage, dass er zur Rückzahlung von Vorschüssen aus demselben Mandat nicht verpflichtet sei, unzulässig, da hierüber bereits im Rahmen der Leistungsklage entschieden wird. Zulässig ist insoweit nur ein Hilfsantrag für den Fall, dass der Leistungsantrag abgewiesen wird.
- Ein Rechtsanwalt ist nicht nur berechtigt, sondern zugleich auch von Rechts wegen verpflichtet, im eigenen Namen Beschwerde gegen die zu niedrige Streitwertfestsetzung einzulegen.
- Wird ein Haftpflichtversicherer auf Zahlung in Anspruch genommen, ist für die Wertfestsetzung der verlangte Betrag maßgebend. Eine eventuelle Haftungsbeschränkung ist unerheblich, solange der Klageantrag nicht dahingehend beschränkt wird.
- Wird in einem Verfahren über einen Feststellungsantrag zum Haftungsgrund ein Vergleich über die Zahlungsansprüche geschlossen, liegt zwar ein Vergleichsmehrwert vor; die Einigungsgebühr aus dem Mehrwert entsteht allerdings nur nach dem reduzierten Gebührensatz für anhängige Gegenstände, da die Zahlungsansprüche durch den Feststellungsantrag als anhängig i.S.d. Nrn. 1003, 1004 VV anzusehen sind.
- Ein Prozessbevollmächtigter verdient die Einigungsgebühr bereits dadurch, dass er eine außergerichtliche Vergleichsvereinbarung entwirft und es später zu deren Abschluss kommt. Dass er die Vereinbarung nicht selbst unterzeichnet hat, sondern die Partei, ist unerheblich.
LG Frankenthal, Urt. v. 4.12.2012 – 4 O 326/12
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte die Beklagte (einen Haftpflichtversicherer) in einem Verfahren, das zunächst vor dem LG geführt wurde, in dem sich anschließenden Berufungsverfahren vor dem OLG, nach dort erfolgter Zurückverweisung im erneuten erstinstanzlichen Verfahren vor dem LG sowie im danach (im Jahr 2005) angestrengten weiteren Berufungsverfahren vor dem OLG vertreten.
Gegenstand dieses Vorprozesses waren Ansprüche des dortigen Klägers gegen die hiesige Beklagte aus einem Verkehrsunfallereignis. Im streitgegenständlichen zweiten Berufungsverfahren verfolgte der dortige Kläger zunächst einen Zahlungsantrag in Höhe von 1.225.160,30 EUR. Mit Schriftsatz vom 15.9.2008 erweiterte er seine Klage um den Antrag, festzustellen, dass dem Kläger aus dem Unfallereignis alle weiteren immateriellen und materiellen Schäden zu ersetzen seien und beantragte hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Beide Anträge wiederholte er mit späterem Schriftsatz. In der Folgezeit wurde über den diesbezüglichen PKH-Antrag nicht entschieden, der Feststellungsantrag wurde indes in der mündlichen Verhandlung zumindest erörtert.
Während des laufenden Berufungsverfahrens schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich. Diese am 22./24.2.2011 unterzeichnete Vereinbarung, die seitens des hiesigen Klägers entworfen worden war, führt den Kläger im Rubrum als Vertreter der Beklagten auf und enthält u.a. die Vereinbarung, dass zur Abgeltung aller Ansprüche insgesamt ein Betrag i.H.v. 1 Mio. EUR gezahlt werde. In Vollziehung dieses Vergleichs nahm der Kläger sodann die Klage zurück; die Beklagte stellte keinen Kostenantrag.
Das Berufungsgericht setzte den Streitwert zunächst auf 1.225.160,30 EUR (den Wert des bezifferten Zahlungsantrages) fest. Hiergegen erhob der Kläger – ohne vorherige Besprechung mit der Mandantin oder Kenntnisgabe eine "Gegendarstellung" mit dem Antrag, den Gegenstandswert unter Bewertung des Feststellungsantrages mit 10.157.419,00 EUR auf insgesamt 11.372.579,00 EUR festzusetzen. Dieser Antrag wurde durch das Berufungsgericht als Beschwerde behandelt, welche es teilweise als begründet erachtete und den Gegenstandswert nunmehr auf insgesamt 8.837.028,48 EUR festsetzte.
In der Begründung dieses Beschlusses wird ausgeführt, dass der Feststellungsantrag mit 7.611.868,18 EUR zu bewerten sei. Insofern seien zu berücksichtigen die vom Kläger vorgestellten Rückstände für den Zeitraum von 1996 bis September 2008 von 6.172.729,97 EUR und für die Zeit ab September 2008 der fünffache Jahresbetrag der dargelegten Ausfälle mit 3.342.105,25 EUR. Hiervon sei jeweils in Abschlag von 20 % vorzunehmen, so das anzusetzen seien 4.938.183,98 EUR einerseits und 2.673.684,20 EUR andererseits.
Hiergegen legte die Beklagte kein Rechtsmittel ein.
Der Kläger berechnete daraufhin seine Vergütung für das zweite Berufungsverfahren – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV (Wert: 8.837.028,48 EUR) |
44.873,60 EUR |
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2. |
1,1-Verfahrensgebühr Nrn. 3200, 3201 VV (Wert: 9.514.835,23 EUR) |
33.160,60 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,6 aus 10.739.995,53 EUR |
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53.993,60 EUR |
3. |
1,2-Terminsgebühr Nr. 3202 VV (Wert: 10.739.995,53 EUR) |
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40.495,20 EUR |
4. |
1,3-Einigungsgebühr Nrn. 1000, 1003 VV (Wert: 1.225.160,30 EUR) |
6.819,80 EUR |
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5. |
1,5-Einigungsgebühr Nr. 1000 VV (Wert: 9.514.835,23 EUR) |
45.219,00 EUR |
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gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als 1,6 aus 10.739.995,53 EUR |
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50.619,00 EUR |
Die Beklagte trat der ...