Leitsatz
Bei der Berechnung des Verfahrenswertes für Beschwerden in Unterhaltssachen ist der Stichtag für die Abgrenzung zwischen fälligem und laufendem Unterhalt nicht der Eingang des Antrags, sondern der Eingang der Beschwerde, wobei der Wert nach § 40 Abs. 2 FamGKG auf den Wert des erstinstanzlichen Verfahrens begrenzt ist.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 13.8.2015 – 5 UF 222/14
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte mit einem am 22.12.2008 beim FamG eingegangen Schriftsatz Verfahrenskostenhilfe für einen Stufenantrag auf Trennungsunterhalt eingereicht. Nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Erledigung der Auskunftsstufe machte sie für den Zeitraum bis November 2011 einen bis dato rückständigen Trennungsunterhalt i.H.v. 52.833,98 EUR geltend, wovon ein Betrag i.H.v. 2.852,13 EUR auf den Zeitraum bis Dezember 2008 entfiel, sowie einen laufenden Trennungsunterhalt i.H.v. 3.146,00 EUR monatlich ab Dezember 2011. Das FamG hatte mit Beschluss v. 12.8.2014 den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin ab März 2012 einen monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 2.236,00 EUR sowie einen rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum bis Februar 2012 i.H.v. 48.355,00 EUR zu leisten. Dabei sprach das FamG für die Monate bis Dezember unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO einen Betrag von 3.303,00 EUR zu. Für den Zeitraum von Januar 2009 bis Dezember 2009 sprach es monatlich 1.050,00 EUR zu. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner vollumfänglich Beschwerde eingelegt. Das OLG hat nach Abschluss des Verfahrens den Wert für das Beschwerdeverfahren auf 15.903,00 EUR festgesetzt. Dabei wurde der in erster Instanz titulierte Betrag für die Monate bis Dezember 2008 (3.303,00 EUR) als Rückstand und die Beträge für die Monate Januar 2009 bis Dezember 2009 (monatlich 1.050,00 EUR) als laufender Unterhalt zugrunde gelegt. Die hiergegen erhobene Beschwerde führte zur Abänderung des Verfahrenswerts auf 30.135,00 EUR.
2 Aus den Gründen
Die – nach §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 S. 1 und 5, 57 Abs. 7 FamGKG unzulässige – Beschwerde des Antragstellervertreters wird zum Anlass genommen, den Verfahrenswertbeschluss nach § 55 Abs. 3 Nr. 1 FamGKG dahingehend abzuändern, dass der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren entsprechend seinem Begehren auf 30.135,00 EUR festgesetzt wird.
1. Nach Art. 111 Abs. 3 FGG-RG (vgl. hierzu Prütting/Helms/Klüsener, FamFG, 3. Aufl., 2014, § 63 Rn 1) findet das FamGKG auf den vorliegenden Fall Anwendung, da das Verfahren aufgrund Beschlusses v. 24.6.2010 und damit nach dem 1.9.2009 geruht hatte.
2. Die Entscheidung kann nach § 55 Abs. 3 Nr. 1 FamGKG abgeändert werden, da das Verfahren vor weniger als sechs Monaten, nämlich mit Vergleich v. 13.4.2015, erledigt wurde.
3. Nach §§ 40, 34, 51 Abs. 1 und 2 FamGKG wird der Verfahrenswert abweichend von der bisherigen Entscheidung auf 30.135,00 EUR festgesetzt.
a) Gem. § 40 Abs. 1 S. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert im Rechtsmittelverfahren nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Die Bewertung der Rechtsmittelanträge bemisst sich wiederum nach denselben Vorschriften wie in erster Instanz (Oestreich/Hellstab, GKG – FamGKG, Stand April 2015, § 40 Rn 5). Danach gilt in Unterhaltssachen § 51 FamGKG, wonach für den laufenden Unterhalt der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag maßgeblich ist und diesem Wert für den Unterhaltsrückstand die bei Einreichung des Antrags fälligen Beträge hinzugerechnet werden.
b) Ausgehend von diesen Erwägungen wurde der Verfahrenswert mit Beschluss v. 15.4.2015 auf 15.903,00 EUR festgesetzt. Dabei wurde darauf abgestellt, dass der Verfahrenskostenhilfeantrag für den Stufenantrag im Dezember 2008 bei Gericht eingegangen ist und bis Dezember 2008 ein Unterhalt i.H.v. 3.303,00 EUR und für die zwölf Monate ab Januar 2009 i.H.v. 12.600,00 EUR tituliert wurde.
c) Dieser Ansatz steht – soweit ersichtlich – im Einklang mit der bislang veröffentlichten Rspr.
Das OLG Nürnberg (v. 20.9.2001 – 7 UF 495/01, FamRZ 2002, 684 Rn 15 f., 18) und das OLG Celle (v. 8.7.2008 – 15 UF 2/08, FamRZ 2009, 74) stellten für die Bemessung des Berufungswerts auf die Einreichung der Klage ab.
Der BGH hat sich 2003 ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt und gelangt zu einer differenzierteren Ansicht. Er vertritt die Auffassung, dass es für den Wert des laufenden Unterhalts auf die ersten zwölf Monate des noch streitigen Zeitraums ankommt (BGH v. 4.6.2003 – XII ZB 24/02, FamRZ 2003, 1274 [= AGS 2004, 76]), dieser Wert aber auf den Wert des erstinstanzlichen Verfahrens zu begrenzen sei (sofern der Antrag nicht erweitert werde; BGH, a.a.O., juris Rn 10). Mit diesem Ansatz geht der BGH also auch davon aus, dass der Zeitraum für die Bemessung des Werts für den laufenden Unterhalt durchaus vor Einlegung bzw. Eingang des Rechtsmittels liegen kann.
Der Entscheidung des BGH haben sich das OLG Stuttgart (v. 17.12.2007 – 16 UF 124/07, FamRZ 2008, 1205 [= AGS 2008, 192]) und das OLG Oldenburg (v. 23.9.2008 – 13 UF 44/08, FamRZ 2009, 73 [= AGS 2009, 83]) ausdrückli...