Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, wendet sich mit den beiden weitgehend wortgleichen Verfassungsbeschwerden gegen die nach der hier maßgeblichen Rechtslage bis zum 27.5.2011 vorgeschriebene hälftige Anrechnung der Beratungshilfe-Geschäftsgebühr (Nr. 2503 VV) auf die reduzierte Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV.

1. Gem. Nr. 3102 VV ist die Verfahrensgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren (§ 3 RVG) entstehen, aus einem Gebührenrahmen von 40,00 EUR bis 460,00 EUR zu bestimmen. Ist dem gerichtlichen Verfahren eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verwaltungsverfahren oder in einem weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen, wird die Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV reduziert; der Gebührenrahmen liegt dann nur zwischen 20,00 EUR und 320,00 EUR. Wird ein Rechtsanwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), tätig, erhält er für die außergerichtliche Vertretung die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV. Sie beträgt zwischen 40,00 EUR und 520,00 EUR; eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Eine Anrechnung dieser Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren ist nicht vorgesehen, vielmehr sind nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV nur die Geschäftsgebühren nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV auf die Verfahrensgebühr anzurechnen.

Ist der Rechtsanwalt vorgerichtlich auf Beratungshilfebasis tätig geworden, beträgt die Geschäftsgebühr stets 70,00 EUR (Nr. 2503 VV). Sie war gem. Anm. Abs. 2 S. 1 der Anm. zu Nr. 2503 VV auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren zur Hälfte anzurechnen. In dieser Fassung vom 5.5.2004 (BGBl I S. 718, 849) ist Nr. 2503 VV a.F. ebenso wie Nr. 3103 VV mittelbar Gegenstand der Verfassungsbeschwerden. Mit Inkrafttreten zum 28.5.2011 ist Anm. Abs. 2 S. 1 zu Nr. 2503 VV um den Halbsatz ergänzt worden, dass eine Anrechnung auf die Gebühren nach Nr. 2401 und Nr. 3103 VV nicht stattfindet (Art. 11 Abs. 3, Art. 20 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung <EG>Nr. 4/2009 und zur Neuordnung bestehender Aus- und Durchführungsbestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts vom 23.5.2011 <BGBl I S. 898>).

2. Der Beschwerdeführer war in den Jahren 2009 und 2010 in zwei sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren auf Beratungshilfebasis und in den anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren auf Prozesskostenhilfebasis tätig gewesen.

Die hierfür vom Beschwerdeführer beantragte Prozesskostenhilfevergütung reduzierte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts jeweils um die Hälfte der Beratungshilfe-Geschäftsgebühr in Höhe von 35,00 EUR. Nach Nr. 2503 VV a.F. sei die Beratungshilfe-Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren anzurechnen. Ebenso eindeutig sei die Regelung in Nr. 3103 VV, derzufolge sich der Betragsrahmen der Verfahrensgebühr reduziere, wenn bereits eine Tätigkeit im Vorverfahren vorausgegangen sei. Die bereits ausgezahlte Beratungshilfegebühr sei hiernach zur Hälfte auf die nach Nr. 3103 VV reduzierte Verfahrensgebühr anzurechnen.

Mit dem angegriffenen Beschluss hat die Richterin die Entscheidung über die Erinnerungen des Beschwerdeführers in beiden Ausgangsverfahren zusammengefasst und beide Rechtsbehelfe zurückgewiesen. Die Kostenfestsetzungsbeschlüsse seien nicht zu beanstanden. Die Anrechnung der Beratungshilfe-Geschäftsgebühr auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren folge aus Nr. 2503 Abs. 2 S. 1 VV a.F.; im Übrigen werde auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

3. Der Beschwerdeführer rügt der Sache nach im Wesentlichen eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG.

Werde auf die reduzierte Verfahrensgebühr der Nr. 3103 VV die Hälfte der Beratungshilfe-Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 Abs. 2 S. 1 VV a.F. angerechnet, würden Gebühren doppelt gekürzt, und hierdurch Rechtsanwälte, die auf Beratungshilfebasis tätig geworden seien, unverhältnismäßig belastet. Der Rechtsanwalt, der ohne Beratungshilfe tätig werde, verdiene eine volle – weit über der Beratungshilfe-Geschäftsgebühr liegende – Geschäftsgebühr in Höhe von regelmäßig 240,00 EUR (Nr. 2400 VV) und zusätzlich die reduzierte Verfahrensgebühr der Nr. 3103 VV mit einer Mittelgebühr von 170,00 EUR, ohne dass diese durch Anrechnung der Geschäftsgebühr gekürzt werde. Sogar der Rechtsanwalt, der einen Mandanten nur im sozialgerichtlichen Verfahren und nicht bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren vertrete, könne gem. Nr. 3102 VV eine Verfahrensgebühr erhalten, deren Mittelgebühr 250,00 EUR betrage, und damit mehr verdienen als ein Rechtsanwalt, der einen Bedürftigen sowohl vorgerichtlich als auch im gerichtlichen Verfahren vertreten habe. In allen Gerichtszweigen außer der Sozialgerichtsbarkeit...

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