Leitsatz
- Die Berechnung der Beschwer nach § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG erfolgt schon aus Gründen der Rechtssicherheit rein formal nach der Differenz zwischen den Anträgen der Beteiligten und dem Tenor der Entscheidung des Gerichts. Sie erfolgt unabhängig von einer anteiligen Kostenübernahme durch den Verfahrensgegner und einer Anrechnung nach § 58 Abs. 2 RVG.
- Der gegenüber der Staatskasse bestehende Vergütungsanspruch aus Prozesskostenhilfe ist durch den Kostenbeamten des Sozialgerichts und gegebenenfalls nach Erinnerung und Beschwerde durch das Gericht grundsätzlich in voller Höhe festzusetzen. Auf diesen Betrag muss sich der Prozesskostenhilfeberechtigte allerdings die vom Gegner des Ausgangsverfahrens gezahlten außergerichtlichen Kosten in voller Höhe nach § 58 Abs. 2 RVG anrechnen lassen.
- Bei der Anrechnung der Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe Zahlungen geschuldet wurden, sondern nur darauf, in welcher Höhe die Zahlungen tatsächlich geleistet wurden.
Hessisches LSG, Beschl. v. 23.6.2014 – L 2 AS 568/13 B
1 Sachverhalt
Im Ausgangsverfahren vor dem SG, einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, begehrte die Antragstellerin die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Erörterungstermin bewilligte das SG der Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdegegners. In der Folge schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sie die Kosten wie folgt regelten: Die Antragsgegnerin übernimmt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im notwendigen Umfang.
Hiernach beantragte der Beschwerdegegner gem. § 45 RVG, Gebühren und Auslagen in Höhe von 1.082,90 EUR festzusetzen. Auszuzahlen sei davon die Hälfte. Dabei stellte er folgende Rechnung auf:
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV |
250,00 EUR |
Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV |
300,00 EUR |
Einigungsgebühr gem. Nr. 1005 VV |
300,00 EUR |
Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV |
35,00 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Fahrtkosten gem. Nr. 7004 VV |
5,00 EUR |
Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV |
172,90 EUR |
Summe |
1.082,90 EUR |
Die Antragsgegnerin zahlte auf den Vergleich einen Betrag für dessen Kosten i.H.v. 476,00 EUR an den Beschwerdegegner.
Der Urkundsbeamte des SG setzte die Vergütung des Beschwerdegegners auf lediglich 952,00 EUR bzw. in hälftiger Höhe von 476,00 EUR fest. Zur Begründung wurde angeführt, die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV sei bei durchschnittlichem Umfang, Schwierigkeit und Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe der Mittelgebühr von 250,00 EUR zu gewähren. Die Terminsgebühr könne mit 300,00 EUR deutlich über der Mittelgebühr angesetzt werden, da der Erörterungstermin 1 Stunde 20 Minuten gedauert habe. Die Einigungsgebühr sei allerdings nur in Höhe der Mittelgebühr von 190,00 EUR angemessen, da kein über die allgemeine Prozessführung hinausgehendes kausales Engagement, das eine höhere Gebühr rechtfertigen könne, erkennbar sei. Der Vergleich sei auf Anraten der Vorsitzenden geschlossen worden.
Der Beschwerdegegner legte Erinnerung ein und begründete dies damit, dass die Höhe der festgesetzten Einigungsgebühr lediglich das vorliegende Eilverfahren berücksichtige. Es habe jedoch ein Mehrvergleich vorgelegen, der das gesamte Vorverfahren und mögliche Klageverfahren gegen weitere Bescheide mit erledigt habe.
In der Folge legte auch der Beschwerdeführer Anschlusserinnerung ein und beantragte eine Festsetzung in Höhe von lediglich 624,75 EUR. Zwar sei die Einigungsgebühr, wie vom Urkundsbeamten angeführt, grundsätzlich in Höhe der Mittelgebühr anzusetzen gewesen. Da es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gehandelt habe, seien die Gebühren jedoch nach der Rspr. des Hessischen LSG (Beschl. v. 25.5.2009, L 2 SF 50/09 E) lediglich in Höhe von 2/3 zu berücksichtigen. Dies ergebe unter Berücksichtigung der Verfahrensgebühr von 170,00 EUR, der Terminsgebühr von 200,00 EUR, der Einigungsgebühr von 130,00 EUR, den Fahrtkosten und der Auslagenpauschale einschließlich Umsatzsteuer eine Vergütung von 624,75 EUR. Fahrtkosten wurden nicht berücksichtigt.
Mit Beschl. v. 28.7.2011 wies das SG sowohl die Erinnerung des Beschwerdegegners als auch die Anschlusserinnerung des Beschwerdeführers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Urkundsbeamte habe die zwischen den Beteiligten unstreitig angefallenen Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühren in richtiger Höhe festgesetzt. Zwar gehe die Kammer grundsätzlich davon aus, dass im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nur 2/3 der jeweiligen Gebühr entstehe, jedoch rechtfertige im vorliegenden Fall der Mehrvergleich die Festsetzung der jeweiligen Mittelgebühren bzw. die über diese hinausgehende Terminsgebühr. Sofern der 2. Senat des Hessischen LSG in einem vergleichbarem Fall (Beschl. v. 24.1.2011, L 2 SF 30/09 E) dennoch von einem Ansatz von 2/3 der Gebühr ausgegangen sei, so könne die Kammer dem vorliegend nicht folgen, da mit dem Vergleich nicht nur eine vorlä...